: KUNST
KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um
Frauen beim Rauchen, Frauen, die die Straße entlanggehen, Frauen beim Einkaufen, Frauen, die herumstehen. Miroslav Tichý hat sie mit selbst gebastelten Kameras fotografiert, heimlich, etwa 100 täglich. Die Aufnahmen sind fleckig, oft bekritzelt, alles andere als perfekt, doch gerade das macht ihren Zauber aus. Geradezu auratisch schön sind die Frauenporträts, die dem eigenwilligen Künstler in hohem Alter zu Ruhm verhalfen. Die Galerie Delmes & Zander stellt diesen eine weniger bekannte Seite Tichýs gegenüber: seine Zeichnungen. Entstanden vor den Fotografien zeigen sie ebenfalls Frauen, auch sie häufig angeschnitten, nur dass die runden Brüste, schmalen Taillen und ausladenden Hüften hier nicht von Kleidung verdeckt sind (bis 16. 1., Di.–Sa., 12–18 Uhr, Rosa-Luxemburg-Str. 37).
Die Fotografien von Sharon Lockhart bei neugerriemschneider sind hingegen fein komponiert und choreografiert. Fast scheinen sie Stills aus einem unbekannten Film zu sein – Lockhart fotografiert tatsächlich nicht nur, sondern dreht auch Filme – so poetisch zeichnen sie die Empfindungen der abgebildeten Personen nach. Protagonistin der aktuellen Ausstellung ist die junge Polin Milena, die Lockhart 2009 kennengelernt hat. Damals war Milena neun. Seitdem arbeitet Lockhart immer wieder mit ihr zusammen. Die Aufnahmen zeigen Milena selbstvergessen am Strand und in drei Sequenzen, wie sie ihr Gesicht vor der Kamera verbirgt, inszenierte Alltagsbilder einer Heranwachsenden. Für „Untitled Study (Rephotographed Snapshot)“, die zweite in Auszügen ausgestellte Serie, hat Lockhart Fundstücke aus ihren alten Fotoalben abfotografiert, die in ihrer seltsamen Entrücktheit mit den Bildern Milenas in Dialog zu treten scheinen (bis 23. 1., Di.–Sa., 11–18 Uhr, Linienstr. 155).
Entrückend kann auch ein Aufenthalt im Wald wirken. Warm und trocken gibt es diesen momentan bei Chert zu erleben. Im unteren Ausstellungsraum lässt die Künstlerin Hannah James Videoaufnahmen saftig-grüner Waldszenen abspielen. Oben stehen indes Trennwände aus Funktionskleidung; über einen Bildschirm laufen die Aussagen eines Schülers zur Cyberwelt; ein Smartphone zeigt eine kriechende Schnecke. Was all das miteinander zu tun hat? Wie in Donna Haraways „Cyborg Manifesto“, auf das sich James bezieht, ginge es darum, die binären Grenzen etwa zwischen Natur/Technologie, Mann/Frau, Physischem/Metaphysischem zu überwinden. Zum Nachsinnen darüber zieht man sich am besten noch ein wenig in das Rauschen und Plätschern von Hannah James’Wald zurück (bis 23. 1., Di.–Sa., 12–18 Uhr, Skalitzer Straße 68).
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