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Honneth hofft

Ehrung Philosoph Axel Honneth bekommt den Ernst-Bloch-Preis

Am Freitag wurden in Ernst Blochs (1885–1977) Geburtsstadt Ludwigshafen die Ernst-Bloch-Preise verliehen – der Hauptpreis ging an Axel Honneth, den Philosophen und Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung; der Förderpreis an die 1982 geborene Schriftstellerin Ann Cotten.

Die Laudatio für Honneth hielt die Soziologin Eva Illouz, und das war insofern eine gute Entscheidung, als sie die empirische Probe machte auf die Bücher des Preisträgers. Eva Illouz wies nicht nur auf die soziologische Dringlichkeit von Honneths Theorie sozialer Anerkennung hin, sondern auch auf die Prägnanz seiner Diagnosen sozialer Pathologien wie der Erfahrung sozialer Ungleichheit, Verdinglichung, Unsicherheit und Vereinzelung. Empirische Studien in den USA belegen, dass vom Abstieg bedrohte weiße Mittelschichtangehörige stärker von Drogen, Suizid und chronischen Krankheiten bedroht sind als die in gesellschaftlichen Zusammenhängen verwurzelten und anerkannten Afroamerikaner und Latinos in ansonsten gleicher sozialer Lage.

Axel Honneth würdigte in seiner Dankesrede seine frühe Prägung durch Blochs Philosophie, betonte jedoch zugleich deren Bindung an die Person und Sprache Ernst Blochs in historischen Kontexten, in denen Hoffen leichter war. Angesichts der realen Zustände erscheint der Bezug auf Hoffnung heute als unzeitgemäß. Außer Blochs Studie über „Naturrecht und menschliche Würde“, in der die Beispielhaftigkeit von sozialen Kämpfen und Konflikten für die Durchsetzung von Menschenrechten und Menschenwürde dargelegt wird, brachte Honneth Kants Begriff des „Geschichtszeichens“ ins Spiel.

Kant bezeichnete damit prägende historische Ereignisse, aus denen die politischen und moralischen Antriebskräfte der Geschichte erkennbar werden. Honneth möchte aus vergangenen sozialen und politischen Konflikten plausible Argumente dafür gewinnen, die Hoffnung auf einen moralischen Fortschritt zu retten – da à la longue eine wachsende Inklusion im Namen von Recht, Gleichheit und Demokratie“ ebenso wenig zu bestreiten sei wie „eine Revolution … in den Gemütern aller Zuschauer“. Honneth bewegte sich damit auf einem schmalen Grat zwischen erwartungs- und fortschrittsgewissen Illusionen der Geschichtsphilosophie und der unumgänglich gewordenen Pflicht zur Mobilisierung von verschütteten moralischen Ressourcen. Die zahlreichen Zuhörer bedachten Honneths sehr anregende Eloge auf Kant mit viel Applaus. Rudolf Walther

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