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Alles aus Liebe

Vinylspezialist Seit 20 Jahren betreibt Ingo Schepper den Reggae-Plattenladen „Selekta Shop“ im Schanzenviertel. Seit ein paar Jahren ist er der einzige in Deutschland

Feine Händchen für Schätze jenseits des Massenkonsums: Auch zu Hause hat Ingo Schepper überall Vinyl   Foto: Janet Hesse

von Robert Matthies

Urlaub würde Ingo Schepper gern mal wieder machen. Aber dafür ist keine Zeit. 40 bis 60 Stunden steht er jede Woche in seinem „Selekta Shop“ in der Bartelsstraße im Schanzenviertel und verkauft eine erlesene Auswahl an Reggae-Platten und Artverwandtem. Seit 20 Jahren. Schepper hat seine große Liebe zum Beruf gemacht und lebt seinen Beruf mit ganzem Herzen.

„Ich bin mit Punk und Reggae groß geworden und habe mich immer schon zu schwarzer Musik hingezogen gefühlt“, sagt Schepper. Seine Jugend verbrachte er in Münster: John Peel auf dem britischen Soldatensender BFBS und abends in die Clubs, in denen die US-Soldaten zu Funk und Proto-Hip-Hop in Trainingsanzügen tanzten.

In den 1980ern kam er nach Hamburg. Reggae, den hörten hier damals die Alt-68er, sagt Schepper – immer wieder „Get Up, Stand Up“. Aber auch „so eine Rocksteady-, Ska-Skinhead-Szene“ habe es gegeben. Anfang der 1990er dann sei Reggae zum großen Ding geworden, vor allem in der Szene um die Rote Flora. „Da sind viele auf dieses Soundsystem-Ding gekommen und wollten Platten anders präsentieren. Das war elektrisierend, weil es einfach neu war.“

1992 begann dann auch „Selekta Schepper“ seine DJ-Karriere: erst Hop-Hip, dann Reggae, im „Bermuda-Dreieck“ zwischen Soul Kitchen, Baton Rouge und Casablanca oberhalb der Hafenstraße, gemeinsam mit Olli von Silly Walks. Und zusammen mit Kai Engelhardt betrieb er den illegalen „Zwingerclub“, in dem Bands wie Di Iries ihre ersten Auftritte hatten und die ersten Soundsystem-Partys stattfanden.

Gemeinsam mit Kiezfotograf Frank Egel alias Franky Lion und Andreas Fröhling alias Operator Ømmes brachte Schepper 1994 schließlich den „Lovetank“ ins Rollen. Fast jede Woche bauten die drei ihr Soundsystem im Stadtpark auf und schickten tiefe Reggae-Bässe über die große Wiese, bis die Polizei kam. Der 20. Geburtstag der Love­tank-Crew im vergangenen Jahr war wohl der längste Reggae-Rewind der Stadt.

Den Grundstein für seinen Plattenladen legte Schepper im kleinen Laden, der ans Westwerk angegliedert war. Jeden Mittwoch baute er dort einen Stand auf, „mit zwei 15-Zoll-Bassrutschen, schon relativ fett“, und machte Auktion. Kunden konnten Platten tauschen, Schepper verkaufte rares Vinyl aus seiner eigenen Kiste noch warm vom Plattenteller.

Die Platten kamen direkt vom legendären jamaikanischen Soundsystem-Betreiber und Studio-One-Labelgründer Coxsone Dodd in Brooklyn, wo Schepper längere Zeit zu Besuch war. Täglich sei er in Dodds Laden gewesen, bis er selbst hinterm Tresen stand und fast zum Inventar gezählt wurde.

Gemeinsam mit Hamburgs Rocksteady-Papst Hans Peters eröffnete Schepper dann Anfang 1995 seinen Shop. Als Plattenliebhaber, weil es keinen Reggae-Laden gab, wo er als DJ Platten kaufen konnte. Ein Laden nach englischem Vorbild: „Wir hatten einen großen Tresen mit zwei Decks darauf, zwei 15-Zoll-Bassrutschen, die schön Bumms gemacht haben, und haben den ganze Tag gemixt.“

Heute sind er und sein Laden eine Institution. Ein Treffpunkt nicht nur für die Hamburger Szene, denn seit ein paar Jahren ist „Selekta“ der einzige Plattenladen in Deutschland, der sich ausdrücklich als Reggae-Shop definiert. Für seine Kunden hat Schepper immer ein offenes Ohr und wer mag, bekommt zur gekauften Platte noch eine Anekdote aus der großen One-Love-Familie erzählt.

Am Freitag und Samstag wird nun Geburtstag gefeiert, mit warmen Bässen und speziellen Angeboten als Geschenk an die treue Kundschaft. Es wird die letzte Party in der Bartelsstraße sein, denn nun haben die steigenden Mieten auch Schepper vertrieben. Zum Glück nicht weit: Nächstes Jahr eröffnet das Reggae-Unikat ein paar Ecken weiter neu, im Schulterblatt.

Jubiläumsparty: Fr, 4. 12., und Sa, 5. 12., 11 Uhr, Selekta Shop, Bartelsstraße 11

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