In Pankow gibt’s Liebe für alle

Sicherheit II Die Ahmadiyya-Gemeinde betont die Friedlichkeit des Islam – und warnt vor Extremisten

Serviert werden Kaffee und Croissants, auch warmes Fladenbrot und eine Paste aus Äpfeln, Butter, Kokos und Rosinen. Ein üppiges Frühstück hat die Ahmadiyya-Gemeinde in Pankow-Heinersdorf den Journalisten bereitet, die sie wenige Tage nach den Anschlägen von Paris eingeladen hat. Der kleine Gemeindesaal gegenüber der Moschee ist voll, gut drei Dutzend Medienvertreter haben Notizblöcke, Kameras und kritische Fragen mitgebracht.

Die Einladung zum Pressefrühstück ist zehn Tage älter als die Schreckensmeldungen aus Frankreich: Said Ahmad Arif, der Imam, wollte über die Integration von Flüchtlingen reden. Man darf vermuten, dass ohne Paris nur ein Bruchteil der Anwesenden erschienen wäre.

So aber geht es gleich los: Wie stehen die Ahmadis zum Terror in Allahs Namen? Woher kommt die Radikalisierung? Der Imam bleibt freundlich. „Wir empfinden es manchmal wie eine Nötigung, die von zwei Seiten ausgeht“, sagt er. Hier die Terroristen, die den Islam missbrauchten, dort die Medien, die nach Mitverantwortung fragten. Aber es sei doch so, wie wenn einem der Ausweis gestohlen werde und ein anderer damit kriminelle Handlungen begehe. „Natürlich tut uns das weh.“

Das Frühstück ist vorbei, zum formalen Teil geht es in die Moschee. Abdullah Uwe Wagis­hauser, der Deutschland-Vorsitzende der Ahmadiyya, verliest eine Erklärung des weltweiten Ahmadiyya-Oberhaupts Mirza Masroor Ahmad. Der amtierende „Kalif“ geißelt die „hasserfüllten Taten“ des IS, die Regierungen seien aufgefordert, Strategien dagegen zu entwickeln.

Klare Kante gegen den Terror also, mit mehr als einem Seitenhieb auf jene, die durch Waffenhandel und militärische Destabilisierung des Nahen ­Ostens dem IS den Boden bereiteten. Dann aber eine Aussage, die die Gäste verblüfft: „Seine Heiligkeit“ warnt vor laschen Sicherheitskontrollen: „In einer Gruppe von je 50 Flüchtlingen finden Sie einen Extremisten, der entlarvt und beobachtet werden muss“, lässt der ­Kalif mitteilen. Auf Nachfragen reagiert Wagishauser betreten: Die Zahl sei eher symbolisch zu verstehen, der Kalif „ein spiritueller Mensch“.

Dass die Ahmadis das Spirituelle betonen und religiös motivierte Gewalt ablehnen, ist schön. Aber wie relevant ist das? Die Wahrheit ist: Die Ahmadiyya stellen im Islam eine Splittergruppe dar. Sie werden von der sunnitischen Mehrheit als Häretiker betrachtet und repräsentieren den muslimischen Mainstream so wenig wie die Mormonen das Christentum.

Am Ende bekommen alle noch einen Jutebeutel mit Infomaterial in die Hand. Der Aufdruck lautet: „Liebe für alle, Hass für keinen.“ Claudius Prößer