Nachhaltigkeit nicht nur auf dem Papier
UN-Nachhaltigkeitsziele Hilfswerke fordern mehr Geld für Entwicklung und gegenseitige Kontrollen
BERLIN taz | Die Welthungerhilfe und das Hilfswerk terre des hommes fordern eine rasche Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele in Deutschland. Dafür müsse die bestehende nationale Nachhaltigkeitsstrategie überarbeitet werden, hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Organisationen.
Albert Recknagel, Programmvorstand von terre des hommes, schlug eine Neupositionierung des Entwicklungsministeriums innerhalb der Bundesregierung vor. Es könne Entscheidungen der Regierung darauf überprüfen, ob sie mit den UN-Zielen in Einklang stehen, sagte er. Zudem müssten die finanziellen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit aufgestockt werden. Diese sind im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Milliarden Euro auf 12,2 Milliarden Euro gestiegen, liegen aber mit einem Anteil von 0,41 Prozent am Bruttonationaleinkommen unter der auf EU-Ebene für 2015 geforderten Quote von 0,7 Prozent. „Wir sind immer noch meilenweit von dem EU-Ziel entfernt“, sagte Recknagel. „Andere Länder wie Schweden oder Großbritannien haben das dieses Jahr geschafft.“
Till Wahnbaeck, Generalsekretär der Welthungerhilfe, forderte messbare Indikatoren und einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung der UN-Ziele. Er schlug der Bundesregierung einen Prozess mit anderen Staaten vor, in dem sie ihre Fortschritte gegenseitig bewerten. „Damit schließt man auch Länder des globalen Südens ein“, so Wahnbaeck. Brasilien habe etwa in der Vergangenheit effektiv Hunger und Armut bekämpft.
Beide Hilfswerke betonten, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele auch Fluchtursachen bekämpfe, vor allem Konflikte und Hunger. Wo es zu Fluchtbewegungen kommt, müsste die Politik aber auch die Chancen von Migration sehen. „Die Flüchtlingsfrage ist eine Langzeitaufgabe,“ sagte Recknagel weiter. „Aber sie ist auch ein Lackmustest für die Umsetzung der UN-Entwicklungsziele.“
Die Agenda nachhaltiger Entwicklung war Ende September verabschiedet worden. Im Fokus der 17 Ziele und 169 Unterziele stehen die Überwindung von Hunger und Armut sowie nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster. Sie gelten als Nachfolger der UN-Millenniumsziele und richten sich an alle Staaten. Jonas Seufert