LeserInnenbriefe
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Arrogante Vorstellung

betr.: „Die Tücken der Selbstbestimmung“, taz vom 5. 11. 15

Ich begrüße im Kommentar den Hinweis, dass der Glaube bei der Entscheidung über ein eventuelles Verbot von Sterbehilfe keine Rolle spielen soll.

Den dann folgenden Absatz, insbesondere den Satz „In einer Gesellschaft, in der in die Jahre kommende Menschen Angst haben müssen, alt und gebrechlich oder gar schwer krank zu werden und dann in ein Pflegeheim mit oft unzureichender Betreuung zu kommen, ist der selbstbestimmte Wunsch, zu sterben, so gut wie nicht möglich“, muss ich allerdings kritisieren. Hieraus spricht die arrogante Vorstellung zu wissen, wann und unter welchen Umständen jemand anders den Wunsch haben darf, nicht mehr leben zu wollen. Es gibt diverse Beispiele für Selbstmorde von gutbetuchten Personen, die nicht in die oben genannten Situationen gekommen sind beziehungsweise wären. Es geht jedoch genau darum, dass der Einzelne dies für sich selbst bestimmen und entscheiden können darf – ohne dass er bestimmte „Leidenskriterien“, die von anderen vorgegeben werden, erfüllen muss. Ich stimme Herrn Müntefering ja zu, wenn er schreibt, dass es keine Schande sei, sich von anderen den Hintern abwischen lassen zu müssen. Ich und er und alle anderen sollten aber akzeptieren, dass es Personen gibt, für die eine derartige Situation bedeutet, dass das Leben für sie nicht mehr lebenswert ist. Um diese eigene persönliche Entscheidung geht es – um nichts anderes.

NIELS MAUERMANN, Wennigsen

Anrüchiges Bedrängen

betr.: „Die Tücken der Selbstbestimmung“, taz vom 5. 11. 15

Nach dem Verlust meiner Frau und einer Tochter – beide Krebs – musste ich Bekanntschaft mit einigen Varianten der Palliativmedizin machen, vom Eintrag „morphinunverträglich“ in die Krankenakte, gleichbedeutend mit lebenslangen Schmerzen, bis zum Hineindämmern in den Tod unter Einwirkung der Medikamente. In Anbetracht dessen ist jeder dieser Zustände für mich inakzeptabel. Ich habe mich also entschlossen, sofern meine Gesamtverfassung dies zulässt, über den Zeitpunkt und die Art meines Todes selbst zu entscheiden. Diese Entscheidung frei zu nennen (Freitod), halte ich für unangebracht. Der Tod lässt keine Freiheit zu. Was mir bleiben könnte, ist lediglich die Methodenwahl, von der Gebrauch zu machen Sie mich mit Ihrem Beitrag abdrängen möchten. Dieses Bedrängen ist in gleicher Weise anrüchig wie das den Befürwortern einer Suizidassistenz unterstellte.

HANS REISSINGER, Dudenhofen

Mehr denn weniger Probleme

betr.: „Wer sterben will, muss sich selbst helfen“, taz v. 7. 11. 15

Das Beste kommt zum Schluss. Leider eher nicht. Denn das hehre Ziel, die denkbar humanste, rechtlich sicherste Sterbebegleitung als finale Versöhnung mit dem Lebensende für jeden Menschen, ob gläubig oder nicht, gesetzlich zu ermöglichen, wurde leider nicht erreicht.

Im Gegenteil, die Gesetzesnovelle zur Sterbehilfe schafft juristisch betrachtet mehr denn weniger Probleme; zynisch besehen ist die im Bundestag über Jahre geführte Debatte zur Sterbehilfe selbst für die Ewigkeit zu lang. Allein das zweifellos angezeigte Verbot der organisierten Hilfe zur Selbsttötung wird einem schwerstkranken, sterbenden Menschen wenig Trost sein können. MATTHIAS BARTSCH, Lichtenau-Herbram

Unsere Sünden

betr.: „Abgasdaten manipuliert“, taz vom 5. 11. 15

In dem Artikel wird China als der weltweit größte Klimasünder an den Pranger gestellt. Wenn man, wie es heute allgemein en vogue ist, nur die reinen Zahlen und Fakten betrachtet, mag dies stimmen. Wenn man aber die globalen Zusammenhänge unter die Lupe nimmt, kommt man zu einem anderen Ergebnis:

Wegen seiner billigen Arbeitskräfte wurde China in den vergangenen zwei Jahrzehnten zur Werkbank und zur Produktionsstätte des Westens und übernahm damit, was den Schadstoffausstoß anbelangt, unsere Sünden – zumindest die messbaren. Da wir aber nach wie vor fleißig Konsumartikel aus China einkaufen, tragen wir genauso Verantwortung für die Emissionen und können diese nicht allein China in die Schuhe schieben.

MICHAELA DIEROLF, Wimsheim

Militaristische Werbung

betr.: Bundeswehranzeige in der taz vom 6. 11. 15

Nachdem ich mir meine Verwunderung aus den Augen gerieben hatte, googelte ich zur eigenen Vergewisserung die Anzeigenrichtlinien der taz und fand dort unter anderem unmissverständlich geschrieben, dass die taz keine militaristische Werbung akzeptiere. Die taz möge mir als Abonnenten, Genossen und mutmaßlichen Einfaltspinsel bitte freundlicherweise kurz erklären, wie ich das zu verstehen habe.

HANS-DIETER PLICKERT, Siegen