: Wer zu spät kommt
marsch-ORDNUNG
Die Stadt Braunschweig hat entschieden: Am Montag darf „Bragida“, der örtliche Ableger der „Patriotischen Europäger gegen die Islamisierung des Abendlands“ (Pegida), vor dem Rathaus aufmarschieren –einer der zentralen Plätze in der Stadt. Dafür verlegte die Verwaltung eine Kundgebung zum Gedenken an die Reichspogromnacht am 9. November auf den Domplatz. Für David Janzen vom Braunschweiger Bündnis gegen Rechts (BGR) ein „fatales politisches Signal“. Das Bündnis hätte die Entscheidung vor Gericht anfechten können, sah aber davon ab. „Uns geht es nicht um einen juristischen Streit, uns geht es um eine politische Auseinandersetzung“, sagt Janzen über den nicht beschrittenen Rechtsweg.
Die Stadt begründet die Verlegung der Gedenkkundgebung mit dem sogenannten Erstmelder-Prinzip: Ebenfalls am 21. Oktober, aber eine knappe Stunde früher als das BGR soll Bragida die Kundgebung angemeldet haben. „Statt Farbe zu bekennen und eindeutig Flagge zu zeigen, versteckt die Stadt sich hinter formaljuristischen Entscheidungen“, sagt Janzen. „Rechtspopulisten, Wutbürgern und Neonazis wird der Rathausplatz mit ihrem Hass und ihrer Hetze überlassen, während diejenigen weichen müssen, die an die Verbrechen des NS-Regimes erinnern und die Vertreter der Verfolgten zu Wort kommen lassen wollen.“
Auch Sebastian Wertmüller von der Gewerkschaft Ver.di, kritisiert die Entscheidung: Der 9. November sei ein Erinnerungstag an den Auftakt zur Vernichtung der europäischen Juden vor 77 Jahren. „Da haben Neonazis, Rechtspopulisten, Rassisten und Hooligans am zentralen Platz der Stadt nichts zu suchen –sonst übrigens auch nicht.“
Um 19 Uhr beginnt nun also die bereits 33. Bragida-Kundgebung. Erwartet wird dazu auch Prominenz der radikalen Islam-Gegner: Michael Mannheimer, eigentlich Karl-Michael Merkle, wettert regelmäßig bei Pegida-Aktionen oder dem einschlägigen Online-Portal „PI News“. Seinerseits nun einen Hauch früher beginnt das BGR seine Kundgebung auf dem Domplatz: um 18 Uhr. as
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