: Ernste Mienen, ernste Spieler, ernste Fragen
Der 1. FC Nürnberg kommt in Mainz mit 1:4 unter die Räder. Das kurbelt die Frage an: Wie lange ist Wolfgang Wolf noch Trainer?
MAINZ taz ■ Es gibt ein Leben nach dem Trainerdasein. Als leibhaftiger Beweis stand Dragoslav Stepanovic am Sonntagabend nach dem 4:1 des FSV Mainz 05 gegen den 1. FC Nürnberg im Presseraum des Bruchwegstadions und schaute sich noch einmal die Bilder des Spiels im Fernsehen an. Eine Kamera verfolgte Nürnbergs Präsident Michael A. Roth dabei, wie der klein gewachsene Mann eine Viertelstunde vor Spielende des für die Clubberer demütigenden Desasters das Stadion verließ, seinen riesigen Campingwagen bestieg, ans Steuer krabbelte und das Weite suchte. „Lebbe geht weider“! Stepanovic, durch diesen Spruch einst republikweit bekannt geworden, konnte es kaum fassen: „Was ’n des? Hat der kei Haus?“, fragte Stepi in die Runde. Irgendwie war es tröstlich, zum Abschluss eines bitteren Abends mit einem knallchargigen Stepi zu lachen.
Als Reporter blickte man nach dem Spiel nämlich nur in sehr ernste Mienen sehr ernster Nürnberger Spieler und Verantwortlicher, denen von sehr ernsten Nürnberger Journalisten sehr ernste Fragen gestellt wurden. Nur Michael A. Roth fehlte, der in seinem Wohnmobil Richtung Franken tuckerte und sich, quasi zum Selbstschutz, aus der Fragerunde nahm. In der Halbzeit gab der betuchte Teppichhändler noch zu verstehen, dass Trainer Wolfgang Wolf zumindest bis zum nächsten Spieltag Trainer an der Noris bleibt. „Es gibt kein Ultimatum für den Trainer, das wäre der größte Blödsinn. Aber es müssen langsam Siege her“, krächzte der 70-Jährige, der sich in der Vergangenheit als fröhlicher Trainerentlasser durchaus einen Namen gemacht hat.
Wer als Tabellenletzter beim Vorletzten 1:4 verliert, hat wenig Argumente. Das weiß auch Wolfgang Wolf, der eine deprimierende Abwehrleistung seiner jungen Elf mit ansehen musste: „Das war keine Bewerbung dafür, mich im Amt zu lassen. Es werden heiße Tage in Nürnberg“, unkte Wolf. Gestern Morgen kamen Roth und Sportdirektor Bader ins Trainingszentrum an den Valznerweiher, um Tacheles zu reden, wie Bader noch am Sonntag ankündigte. Erst ein Sieg in elf Spielen bedeutet die schlechteste Bilanz in der Bundesligahistorie des neunmaligen deutschen Meisters.
Auf der Suche nach den Gründen für das schwache Abschneiden gab Bader zu, vor der Saison „vielleicht zu blauäugig“ gewesen zu sein, und schloss sich mit in die Kritik ein: „Wir haben gedacht, unsere jungen Abwehrspieler wären schon weiter.“ Ein Trugschluss, am Sonntag „hauten“ sich die spielbestimmenden Nürnberger die Gegentore „selbst rein“, wie Wolf deprimiert feststellte. Beim 0:1 (9.) drosch Thomas Paulus den Ball nach einer Flanke wie ein Mittelstürmer ins eigene Tor, vor dem 0:2 (11.) durch Auer verlor Andreas Wolf einen Zweikampf tollpatschig gegen den Torschützen und beim 1:3 (45.) (zwischenzeitlich hatte Kießling zum Anschlusstreffer getroffen) spekulierte Torhüter Raphael Schäfer auf eine Freistoßflanke von Da Silva, der Mainzer Spielmacher aber hob die Kugel aus 40 Metern frech in Nürnbergs Kasten. Nach dem 1:4 (52.) durch Thurk, als die Nürnberger den Ball nicht aus der Gefahrenzone zu bugsieren vermochten, war das Spiel gelaufen. Hoffnung gibt Wolf nur, dass seine Mannschaft danach nicht auseinander gefallen ist.
„Aber jetzt müssen Ergebnisse her“, weiß auch der 48-Jährige. Nach der Rückkehr von Torjäger Mintal nach der Winterpause und mit „ein, zwei Verstärkungen“ wolle man die Abstiegränge verlassen, sagte Bader. Ob Wolfgang Wolf dann noch Trainer ist, wird sich nach dem Spiel am Sonntag gegen Stuttgart entscheiden. Stepi wird als möglicher Nachfolger nicht gehandelt. Im Gespräch ist: Lothar Matthäus. TOBIAS SCHÄCHTER