piwik no script img

American PieMavericks vor der neuen Saison

Humor haben sie ja, die Terminplaner der National Basketball Association (NBA). Vielleicht auch nur großes Talent, Geschichten fortzuschreiben, die die Medien erzählen können. Denn vergangene Nacht starteten Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks in die neue Saison. Der Auftakt fand ausgerechnet in Phoenix statt, wo sie gegen die dort angesiedelten Suns spielen mussten. Am heutigen Donnerstag geht es dann gleich weiter nach Los Angeles, wo die Clippers warten.

Der Spielplan – und vielleicht auch die Marketingstrategen der NBA – wollte es so, dass gleich zu Saisonbeginn neue Kapitel einer Seifenoper verfasst werden, die den eigentlich basketballlosen Sommer beherrschte. Damals wollten die Mavericks unbedingt DeAndre Jordan, den etwas grobschlächtigen, aber extrem imposanten Center der Los Angeles Clippers, verpflichten. Nach einer Woche zog Jordan seine Zusage zurück und die Mavericks standen gänzlich ohne fähigen Center da, weil sich Tyson Chandler, der die Position bis dahin bekleidete, beleidigt nach Phoenix verabschiedet hatte.

Die Geschichte wurde flan­kiert von hämischen Twitternachrichten aus Los Angeles, mühsam unterdrückten Wutanfällen in Dallas und öffentlich vorgetragenen Zweifeln an der Mannhaftigkeit des 120-Kilo-Kolosses Jordan. Zwischendurch meldete sich dann Chandler zu Wort, der dank seiner zentralen Rolle beim ersten und einzigen Titelgewinn der Mavs im Jahr 2011 Säulenheiligenstatus in Dallas genießt, und gab zum Besten, dass er von vornherein wusste, dass der Kollege Jordan niemals nach Texas wechseln würde.

Nun durfte der mittlerweile 37-jährige Nowitzki also gestern ausgerechnet gegen den Exkollegen Chandler und heute gegen den Beinahekollegen Jordan spielen. Der Deutsche hatte sich lange aus den gegenseitigen Anschuldigungen, die bisweilen auf Kindergartenniveau ausgetragen wurden, herausgehalten. Erst zu Beginn des Trainingslagers ließ er wissen, dass er „wirklich enttäuscht“ gewesen sei über Jordans Absage. Verständlich: Mit Jordan im Kader, so die Rechnung der Mavericks, hätten sie zum erweiterten Kreis der Titelfavoriten gehört. Nun, ohne Jordan, geben ihnen die meisten Experten nur Außenseiterchancen, sich überhaupt für die Playoffs zu qualifizieren. In der Vorbereitungsphase gab es sieben Testniederlagen und keinen einzigen Sieg.

In seiner nun 18. NBA-Saison muss sich Nowitzki auf viele neue Kollegen einstellen. Wie jedes Jahr seit dem großen Triumph 2011 wurde die Mannschaft auch in diesem Sommer nahezu komplett umgekrempelt. Zu Beginn jedes Spiels wird Nowitzki, der angekündigt hat, dass diese Saison seine vorletzte sein wird, mit ausschließlich neuen Mitspielern aufs Parkett gehen. Aufbauspieler Deron Williams, Shooting Guard Wesley Matthews und Center Zaza Pachulia sind Neuverpflichtungen. Die Startformation liest sich auf dem Papier zwar nicht einmal schlecht, vor allem wenn Flügelspieler Chandler Parsons in einigen Wochen zurückkehren und seine Knieoperation überstanden haben sollte. Aber der ehemalige Allstar Williams hat seinen Zenit überschritten, Pachulia besitzt nicht annähernd die Klasse eines Tyson Chandler, und ob Matthews nach einem Achillessehnenriss jemals wieder an seine Form aus glorreichen Tagen in Portland anknüpfen kann, ist fraglich. Nowitzki glaubt trotzdem daran, „dass wir eine Chance auf die Playoffs haben“.

Keine Frage dürfte die Playoff-Qualifikation für einen anderen deutschen NBA-Spieler sein. Für Dennis Schröder stellt sich eher die Frage, ob er bei den Atlanta Hawks eine größere Rolle spielen wird. In der vergangenen Saison kam er von der Bank, wenn der etatmäßige Point Guard Jeff Teague eine Verschnaufpause brauchte. Sollte sich der 22-jährige Schröder aber weiter so entwickeln wie im vergangenen Jahr, dann könnte aus dem ungestümen Talent schnell ein besonnener Aufbauspieler mit Übersicht werden. Am Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht, erst kürzlich forderte er in einem In­terview mehr Einsatzzeiten. Sein Trainer Mike Budenholzer reagierte gelassen: „Dennis ist sehr selbstbewusst. Das warnie ein Problem. Ihn am Boden zu halten, das ist unsere Aufgabe.“

Schon im ersten Spiel am Dienstag zeigte der deutsche Nationalspieler seinem Trainer, dass es schwierig werden könnte, den Konkurrenzkampf zwischen Teague und Schröder unter Kontrolle zu halten. Der junge Braunschweiger war mit 20 Punkten bester Scorer seiner Mannschaft, verteilte vier Assists und war der einzige Lichtblick bei der überraschenden 94:106-Heimniederlage gegen die schwächer eingeschätzten Detroit Pistons. Thomas Winkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen