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Archiv-Artikel

Laptops, Messer und blutbefleckte Kleidung

STRAFVERFOLGUNG Neun MitarbeiterInnen des Martinshofs betreiben die neue Asservatenkammer der Polizei. Waffen, Drogen und beschlagnahmtes Bargeld bleiben im Keller der Staatsanwaltschaft

Von jpb

Seit Montag hat das Polizeipräsidium in der Vahr eine neue Asservatenkammer. Die Beweisstücke werden fortan von acht Angestellten und einem Anleiter des Martinshofs verwaltet. Schusswaffen, Drogen und Bargeld verwahrt weiterhin die Staatsanwaltschaft in ihrem Keller. Für alles andere wurde es dort zu eng.

320.000 Euro hat der Umbau der neuen Beweisstückstelle gekostet, zwei Drittel davon wurden aus der Ausgleichsabgabe finanziert. Auf mehreren tausend Quadratmetern ist noch viel Platz für Computer, Kleidung oder Aktenordner. Bis ein Gerichtsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, stecken die „Spurenträger“ in Kisten oder braunen Tüten, versehen mit Nummern und Kurzbeschreibung. „Taschenmesser, Seitenschneider, Gefrierbeutel“, steht auf einem Aufkleber oder „Winterjacke mit Anhaftungen, evtl. Blut“.

„Am Anfang macht man sich schon Gedanken“, sagt Clemens Bullig, Mitarbeiter des Martinshofs, „aber nach ein paar tausend Sachen hört das Kopfkino auf.“ Seit Wochen arbeitet sich das Team ein.

Die Beweise sicher einzulagern, „das trauen wir uns zu“, sagt Wilfried Hautop, der Geschäftsführer des Martinshofs. Dass die Werkstatt für Menschen mit Behinderung diese Aufgabe übernimmt, ist nicht so ungewöhnlich, wie es scheint. Bereits 2002 übernahm der Martinshof die Fahrzeugpflege der Polizei, seit 2003 die Druckerei, dann die Grundstückspflege rund ums Präsidium. „Insgesamt arbeiten 70 Beschäftige für die Polizei, die sonst vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden“, sagt Hautop. Anfängliche Sicherheitsbedenken konnten mit der Zeit ausgeräumt werden. Für die Angestellten in der Asservatenkammer gab es die üblichen Sicherheits-Überprüfungen.

„Wir wollen raus aus der Bastelecke“, sagt Hautop. Seine MitarbeiterInnen verdienen im Durchschnitt 220 Euro, zusätzlich zur Sozialhilfe oder der Erwerbsunfähigkeits-Rente. Der Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt ist ein Ziel, sei aber schwierig, so Hautop: „Die Schrauben werden immer schneller gedreht, alle wollen olympiareife Arbeitnehmer.“

In der Beweisstückstelle wird auf individuelle Fähigkeiten Rücksicht genommen, „bei den Arbeitszeiten oder, wenn jemand wegen seiner Medikamente mal einschläft“, so Hautop. Dann übernehmen eben die Anderen.  jpb