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Partnerin für Gabriel gesucht

Sozialdemokratie Was Grüne und Linkspartei schon haben, das überlegt sich jetzt auch die SPD: die männlich-weibliche Doppelspitze. Aber nicht verpflichtend

Übt schon mal im Chor: Sigmar Gabriel mit potenziellen Mitvorsängerinnen Foto: Steffi Loos/ddp

von Johanna Roth

BERLIN taz | Sigmar Gabriel und Andrea Nahles? Manuela Schwesig und Ralf Stegner? Oder doch lieber Olaf Scholz und Hannelore Kraft? Wenn es nach der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) geht, könnten so die neuen Spitzentraumpaare der deutschen Sozialdemokratie heißen. Zumindest auf organisatorischer Ebene: Demnächst könnte sich ein Duo „das schönste Amt neben dem Papst“ (Franz Müntefering) teilen.

Denn die ASF will auf dem nächsten Bundesparteitag im Dezember einen Antrag zur Abstimmung stellen, der Doppelspitzen in der SPD möglich machen würde. Demnach soll auf allen Ebenen der Partei – vom Ortsverein bis zum Präsidium – die Möglichkeit bestehen, dass jeweils ein Mann und eine Frau zusammen den Vorsitz ausüben. Dazu muss die Satzung der Partei entsprechend geändert werden. Bisher kann nur eine einzelne Person den Vorsitz übernehmen.

Die ASF-Bundesvorsitzende Elke Ferner sagte, man wolle damit auch in der Partei das leben, was man für Beruf und Familie fordere: „Mehr Partnerschaftlichkeit und eine tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern.“ Gleichzeitig spielen pragmatische Überlegungen eine Rolle: Gerade die jüngere Generation, so Ferner, wolle neben politischem Ehrenamt auch Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren können.

Tatsächlich haben die SozialdemokratInnen ein Frauenproblem – vor allem, was ihre Spitze betrifft. In 70 Jahren Nachkriegs-SPD gab es nicht eine Bundesvorsitzende. Von Kurt Schumacher über Willy Brandt bis zum derzeitigen Amtsinhaber Sigmar Gabriel: Alle 15 Parteichefs waren Männer. Das soll sich nach dem Willen der ASF ändern, wenn auch nicht zwingend. Denn die geplante Änderung der Satzung sieht keine Verpflichtung zu doppelt besetzten Spitzenposten vor. Elke Ferner sagte dazu: „Es geht darum, paritätische Doppelspitzen, dort wo gewünscht, zu ermöglichen, nicht zu erzwingen.“

Alle 15 Parteichefs der SPD seit 1946 waren Männer

Gabriel begrüßte die Initiative. „Ich finde den Antrag gut und werde ihm auch zustimmen“, sagte er am Donnerstag. Allerdings sieht er die Idee der doppelten Führung offenbar weniger als gleichstellungspolitisches Zeichen, sondern vielmehr als Lösungsmöglichkeit für ein strukturellen Problem seiner Partei: Es sei immer schwerer, ehrenamtliche Vorsitzende zu finden, weil die damit verbundene Arbeit dem oder der Einzelnen zu viel werde, sagte Gabriel. Gleichzeitig betonte er, niemandem solle „etwas übergestülpt“ werden.

Besonders originell ist die Idee mit der Doppelspitze nicht. Andere Parteien haben sie längst: Bei den Grünen gibt es bereits seit Anfang der neunziger Jahre verbindlich eine Doppelspitze. Derzeit führen Cem Özdemir und Simone Peter die Partei. Bernd Riexinger und Katja Kipping sind ihr Pendant bei der Linkspartei. Auch den Bundestagsfraktionen der beiden Parteien steht jeweils ein gemischtgeschlechtliches Duo vor.

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