: Auto – Feind der Stadt
Der Architekt Joan Busquets gibt Tipps, wie Hamburg schöner werden könnte: Entlastung vom Verkehr, Schaffung öffentlicher Plätze überall
von Gernot Knödler
Die europäische Stadt lebt vom öffentlichen Raum, der aktiv geschaffen werden muss und in dem der Autoverkehr nur eine untergeordnete Rolle spielen darf. Mit dieser Kernaussage hat der katalanische Architekt Joan Busquets gestern vor dem Architekturclub des Bundes Deutscher Architekten (BDA) zur Frage „Wie sollen wir Hamburg bauen?“ Stellung genommen. Der Club, zu dem der BDA alle paar Monate Architekten, Planer, Politiker und Investoren einlädt, fand zum zehnten Mal statt und war aus diesem Anlass in den prunkvollen Kaisersaal des Rathauses eingeladen worden.
Busquets, der in Harvard Städtebau lehrt, war Chefplaner Barcelonas. In dieser Funktion hat er seine Stadt wieder dem Meer zugewandt und auf die Olympischen Spiele 1992 vorbereitet. Wie er gestern anhand von Lichtbildern zeigte, hatte er Herkules-Aufgaben zu bewältigen: Noch Mitte der 80er Jahre war der Küstensaum Barcelonas entweder Containerstellfläche oder Ödland und die Stadt durch eine vielspurige Straße vom Mittelmeer abgeschnitten. Heute gibt es dort einen Yachthafen, einen Badestrand und eine baumbestandene Promenade.
Wie Busquets berichtete, entschied sich Barcelona dafür, das Problem des überbordenden Autoverkehrs grundsätzlich anzugehen: Die Planer trennten den Durchgangsverkehr von dem Verkehr, der Ziel und Quelle in der Stadt hat. Der Durchgangsverkehr darf zum Teil unterirdisch mit 80 Sachen dahinrauschen, während diejenigen, die in der Stadt herumkurven, auf Fußgänger und Radfahrer Rücksicht zu nehmen haben.
„Das Auto ist der Feind der Stadt“, sagte Busquets und verwies auf das Beispiel Bostons, wo während der Clinton-Ära ein beeindruckender Strang aus Stadtautobahnen unter die Erde verlegt wurde. Die Kosten in Höhe von 15 Milliarden Euro trugen Stadt und US-Regierung. Einem Gutachten zufolge soll sich die Investition durch die Aufwertung der Grundstücke entlang der ehemaligen Stadtautobahn volkswirtschaftlich rechnen. Hamburg hat mit der Ost-West-Straße ein vergleichbares Problem.
Die Planer Barcelonas entschieden sich Busquets zufolge auch, dem öffentlichen Raum Priorität einzuräumen: „Der öffentliche Raum, in dem wir uns versammeln, macht die europäische Stadt aus.“ Die Verwaltung ließ im ganzen Stadtgebiet 250 Plätze und Parks von hoher Qualität bauen. Nachdem sie erlebt hätten, wie das die betreffenden Viertel aufgewertet habe, hätten auch private Bauherren nachgezogen. Dass die öffentliche Hand die Führung übernommen habe, sei jedoch entscheidend gewesen.
Dieses Projekt ist ein Beispiel für die mittlere Ebene („intermediate scale“), von der Busquets mehrmals an diesem Abend sprach und auf der er planerische Eingriffe für besonders erfolgversprechend hält. Durch eine Verbesserung der Lebensqualität ließen sich arme Viertel aufwerten und die sozialen Gegensätze in der Stadt dämpfen – eine Voraussetzung für ein bürgerliches Miteinander aller Einwohner.
Busquets empfahl einen sparsamen Einsatz von Hochhäusern: In Städten europäischen Typs dürften Hochhäuser nur errichtet werden, um bewusst Landmarken zu setzen. Es müssten qualitativ herausragende Bauwerke sein, die öffentliche Orte kennzeichnen und mit unterschiedlichen Nutzungen gefüllt werden können.