Tunnel wird doch Dreckschleuder

Abgasfilter für den Tiergartentunnel lohnen sich nicht, sagt die Verkehrsverwaltung. Dabei beträgt der Preis gerade mal 1,4 Prozent der Gesamtsumme für die Luxusröhre. Scharfe Kritik von Grünen

von FELIX LEE

Berlin wird wohl doch um eine Dreckschleuder reicher. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) legte gestern den Abgeordneten einen Bericht vor, in dem die Verkehrsverwaltung untersucht hat, was eine zusätzliche Abgasreinigung für den noch immer im Bau befindlichen Tiergartentunnel kosten würde.

In dem Behördenbericht, der der taz vorliegt, kommt die Senatorin zu dem Ergebnis, dass es sich nicht lohnt, Filteranlagen zur Luftreinigung zu installieren. Auch Manuela Damianakis, Sprecherin der Verkehrsverwaltung, bestätigte: „Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist der Einbau von Filtern nicht notwendig.“

Im Tiergartentunnel stelle sich die Abluftsituation heute bedeutend günstiger dar als noch vor ein paar Jahren, schreibt Junge-Reyer in dem Bericht. Grund dafür seien Katalysatoren und die bessere Verbrennungstechnik vieler Autos. Zur Überschreitung der Grenzwerte würde es in der Regel nur noch dann kommen, wenn sich der Verkehr im Tunnel staut. Doch seitdem die Richtlinien für den Betrieb von Straßentunneln vor zwei Jahren verschärft wurden, darf der Verkehr in den beiden Tunnelröhren nur noch jeweils in eine Richtung gehen. Gegenverkehr werde es daher nicht geben, Staus seien so gut wie ausgeschlossen, folgert die Senatorin.

Die Filteranlagen hingegen würden Junge-Reyer zufolge nur dann Sinn machen, wenn sie ständig betrieben werden. Dies hätte wiederum zur Folge, dass permanent und unter hohem Energieeinsatz große Luftmengen durch die Filter gefördert werden – was die Betriebskosten um zusätzliche 230.000 Euro erhöhen würde. Der nachträgliche Einbau einer Filteranlage würde mit mindestens 5,4 Millionen weiteren Euro zu Buche schlagen, so das Papier.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling, kritisierte den Bericht. „Andere Städte bekämpfen die giftigen Emissionen, während Berlin sie gleichmäßig über den Tiergarten verteilt.“ Die Luxusröhre kostet den Steuerzahler 385 Millionen Euro. „Aber Geld für eine saubere Umwelt gibt es nicht“, sagt Hämmerling.

Schon als der Tiergartentunnel vor zehn Jahren geplant wurde, hatten die Grünen den Einbau von Filteranlagen gefordert. Unter Diepgens Senat stießen sie damals jedoch auf taube Ohren. Angesichts der Diskussionen über Feinstaub hatten sich die Abgeordneten aller Fraktionen dafür ausgesprochen, die Kosten für Filter prüfen zu lassen. Nun geht Hämmerling davon aus, dass die Abgasfilter für den Tunnel endgültig vom Tisch sind – und es bei der bisherigen Planung bleibt, die Abgase der erwarteten 50.000 Autos pro Tag ungefiltert in die Luft zu blasen.

Die Konstruktion des Baus sieht vor, dass große Rotoren die verschmutzte Luft aus dem Tunnel saugen und durch zwei große Abluftkamine in den Himmel blasen – der eine steht bereits am neuen Hauptbahnhof, der andere befindet sich im DaimlerChrysler-Gebäude am Potsdamer Platz.

Ursprünglich war die Eröffnung des Tunnels für das Jahr 2000 geplant, sie wurde wegen Pannen aber mehrfach verschoben. Jetzt soll die 2,4 Kilometer lange Röhre Anfang 2006 in Betrieb genommen werden – der Grund für die Verspätung sind Softwareprobleme.