: Flüchtlingsunterbringung quietscht
Migration Die hohe Zahl Bedürftiger schafft in vielen Bereichen Ausnahmesituationen. Erste Länder bahnen Wege, Räume auch gegen den Willen der Eigentümer anmieten zu können. Die Preise für Wohncontainer explodieren
Niedersachsens Innenministerium hat den Vorwurf zurückgewiesen, das rot-grün regierte Bundesland erfülle seine Verpflichtungen bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen nicht: Zumindest im September habe Niedersachsen mehr Flüchtlinge registriert, als es hätte aufnehmen müssen, sagte ein Ministeriumssprecher der taz.
Wegen des Ansturms sind nach einer Umfrage des NDR die Preise für Wohncontainer teilweise explodiert. Niedersachsen erwägt derweil, „im Fall einer absoluten Notlage“ Eigentümer zu zwingen, ihre Immobilien an Flüchtlinge zu vermieten. Hamburgs Bürgerschaft hat ein solches Gesetz am Donnerstag beschlossen; ob es sich nur auf Gewerbeimmobilien beschränkt, ist zwischen Opposition und Regierungsfraktionen umstritten. Am Dienstag hatten dort Flüchtlinge zum ersten Mal unter freiem Himmel übernachten müssen, weil nach Angaben der Stadt alle Unterkünfte ausgelastet waren.
In Deutschland ankommende Asylsuchende werden zunächst registriert und dann nach dem „Königsteiner Schlüssel“ auf die Länder verteilt. Diesem Schlüssel zufolge müsste Niedersachsen 9,35 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Das ARD-Hauptstadtstudio veröffentlichte am Dienstagabend eine angeblich aus dem Bundesministerium des Innern stammende „Übersicht zur Verteilung der Flüchtlinge auf die Länder“, nach der Niedersachsen bei der Erstaufnahme hinter seinem Soll aber zurückbleibt: Demnach wurden nur 16.000 statt 23.000 Asylsuchender aufgenommen. Bayern dagegen habe sein Soll weit übererfüllt.
Das Bundesinnenministerium wollte die Liste nicht kommentieren. Das niedersächsische Innenministerium hielt mit eigenen Zahlen dagegen: Vom 5. bis 29. September seien in Deutschland 136.160 Asylsuchende registriert worden. 12.731 davon hätte Niedersachsen aufnehmen müssen; tatsächlich seien es sogar 107 Menschen mehr gewesen.
Insgesamt sind bisher 65.000 Schutz Suchende nach Niedersachsen gekommen. 100.000 könnten es nach Einschätzung des Ministeriums werden. Eine Zwangsvermietung wie in Hamburg sei nur abstrakt geprüft worden. „Das ist eine Diskussion im rein theoretischen Bereich“, sagte Philipp Wedelich,Sprecher von Innenminister Boris Pistorius (SPD).
Wie schwierig es ist für ausreichend Unterkünfte zu sorgen, zeigt eine Umfrage des NDR unter 20 Kommunen: Die geforderten Preise hätten sich vervier- bis verzehnfacht, sagte Thorsten Bullerdiek vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund. „Mittlerweile liegen wir bei 40 Euro pro Flüchtling und Tag.“ Gernot Knödler
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