: 345 Euro – die neue Ost-West-Fairness
Künftig soll in Ost wie West gleich viel Arbeitslosengeld II gezahlt werden. Darauf haben sich Union und SPD geeinigt. Bislang erhielt der Erwerbslose Ost 331 Euro – 14 Euro weniger als sein West-Kollege. CDU wollte ursprünglich Lösung auf Länderebene
BERLIN dpa/rtr/taz ■ Allen Personaldebatten zum Trotz: Die Koalitionsunterhändler von Union und SPD verhandeln weiter. Gestern konnten sie sogar mit einem wichtigen Ergebnis aufwarten. So soll künftig das Arbeitslosengeld II im Osten auf das Westniveau steigen. Das teilte Wolfgang Tiefensee, designierter Verkehrsminister, gestern mit. Arbeitslose im Osten erhielten dann ebenso wie die Westler neben der Miete 345 Euro im Monat – 14 Euro mehr als bisher.
Damit hat die SPD ein Anliegen umsetzen können, dem bislang die Union nicht zustimmen mochte. So hatte die rot-grüne Bundesregierung zwar ein entsprechendes Gesetz entworfen. Es scheiterte jedoch am Einspruch des unionsdominierten Bundesrates. Die Länderkammer sprach sich dafür aus, mit der Entscheidung bis zum Jahresende zu warten. Dann nämlich sollte eine statistische Einkommens- und Verbraucherstichprobe ausgewertet sein, aus der deutlich wird, wie viel Geld Geringverdiener für was ausgeben. Ohnehin hatte die Union vorgeschlagen, die Ausgestaltung der Regelsätze den Ländern zu überlassen. Erhalten Langzeitarbeitslose im Osten künftig den Westsatz, wird das nach Angaben von Tiefensee 220 Millionen Euro kosten. Woher das Zusatz-Geld kommen soll, ist noch unklar.
Einigen konnten sich Union und SPD auch, die geplante Senkung der Unternehmensteuer auf Ende 2007 oder Anfang 2008 zu verschieben. Bis dahin will die künftige Regierung kleinere und mittelständische Unternehmen gezielt entlasten und so zum Investieren anregen. Für ein groß angelegtes Konjunkturprogramm fehle aber das Geld, sagte Noch-SPD-Chef Franz Müntefering.
CSU-Chef Edmund Stoiber führte aus, wie genau sich der Mittelständler die versprochene Entlastung vorstellen darf. So soll ihnen befristet gestattet werden, was bis zum Jahr 2000 üblich war: Investitionen wie Maschinen oder Software degressiv von der Steuer abzusetzen. Der Betrieb kann dann etwa eine neue Computeranlage sofort zu einem großen Teil von der Steuer absetzen. In den Folgejahren wird die Steuerersparnis niedriger. Das entlastet den Betrieb stärker als die momentan übliche lineare Abschreibung, bei der die Ausgaben über mehrere Jahre zu immer gleichen Teilen von der Steuer abgesetzt werden. Diese Änderung helfe dem Mittelstand „außerordentlich“, sagte Stoiber. Überhaupt wolle die große Koalition eine „sehr mittelstandsfreundliche Haltung“ einnehmen.
Noch nicht einigen konnten sich die Spitzen von Union und SPD auf ein Sparpaket zur Sanierung des Staatshaushalts. Allerdings sei das jüngste Gespräch äußerst konstruktiv verlaufen, hieß es am Dienstag aus Verhandlungskreisen in Berlin. Um den europäischen Stabilitätspakt 2007 wieder einhalten zu können, werde zunächst versucht, die Ausgaben so umfangreich wie möglich zu kürzen. Die Runde habe auch über Einschnitte in Leistungsgesetze und Sozialleistungen beraten. Insgesamt soll bis 2007 ein Haushaltsloch von 35 Milliarden Euro gefüllt werden.