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Kündigung beschäftigt Arbeitsgericht

ENTLASSUNG Die niedersächsische Meyer Werft will ihren Betriebsratsvorsitzenden loswerden

BERLIN taz | Ein Arbeitsgericht wird klären müssen, ob Ibrahim Ergin allzu robust Mitgliederwerbung für die IG Metall betrieben hat oder nur Opfer einer politischen Intrige seines Arbeitgebers ist. Die emsländische Meyer Werft hält an der fristlosen Kündigung ihres Betriebsratsvorsitzenden fest – trotz eines einstimmigen Vetos des Betriebsrats. Das teilten Werftchef Bernard Meyer und Geschäftsführer Lambert Kruse auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in Papenburg mit.

Der 41-jährige Ergin steht seit Februar dem Betriebsrat der Meyer Werft vor. Der gelernte Anlagenmechaniker ist seit 1994 bei dem Schiffbauunternehmen beschäftigt. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe stammen aus den Jahren 2011, 2012 und 2013. Damals soll er mindestens sechs Mitarbeiter „massiv unter Druck gesetzt“ haben, in die IG Metall einzutreten. „Es sind glaubhafte Schilderungen“, sagte Unternehmenssprecher Günther Kolbe. Zwei Rechtsgutachten zufolge hätte sich Ergin damit „wegen Nötigung strafbar gemacht“.

Auf Facebook kolportierte der Personalleiter der Werft, Paul Bloem, die angeblichen Verfehlungen. So habe Ergin mit Nicht­übernahme und Kündigung gedroht, um sie zum Eintritt in die IG Metall zu „motivieren“. In einem Fall sei eine junge Frau sogar eingeschlossen worden, bis sie den Aufnahmeantrag unterschrieben hätte.

Ergin hat die Anschuldigungen in einer schriftlichen Erklärung zurückgewiesen. Sie seien „Teil der systematischen Vorgehensweise gegen Betriebsrat und Gewerkschaft“. Zwar habe er „selbstverständlich“ aktiv Werbung für die IG Metall gemacht – aber keinen Druck ausgeübt. Es sei bedauerlich, „wenn junge Kollegen von der Geschäftsführung und Personalleitung instrumentalisiert werden, um betriebspolitische Interessen der Geschäftsführung durchzusetzen“.

IG Metall und Betriebsrat vermuten, dass die Kündigung im Zusammenhang mit der Ende Juni angekündigten Verlegung des Firmensitzes nach Luxemburg steht, die Ergin kritisiert hatte. Das Unternehmen hatte seine mittlerweile vollzogenen Umzugspläne damit begründet, „auch zukünftig keinen Aufsichtsrat haben“ zu wollen. „Die Meyer Werft ist seit 220 Jahren ohne Aufsichtsrat erfolgreich gewesen“, verkündete das Unternehmen. Das sehen die Arbeitnehmervertreter anders. Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken, bezeichnete den geplanten Rauswurf Ergins als die „Spitze in der Auseinandersetzung um die Unternehmensmitbestimmung“.

Pascal Beucker

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