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„Von Wilderei betroffen“

VORTRAG Ökologe berichtet über Konflikte und die Kolonialgeschichte afrikanischer Nationalparks

Michael Stiller

54, Ökologe, Leiter der Naturkunde-Abteilung des Überseemuseums Bremen.

taz: Herr Stiller, welche Kontroverse gibt es in Afrika um die Nationalparks?

Michael Stiller:Grundsätzlich ist durchaus Druck vorhanden, die Nationalparks als Fläche zu nutzen: Die örtliche Bevölkerung findet sich oft ausgeschlossen und in ihren eigene Lebensgrundlagen bedroht. In Kenia etwa gab es eine große Debatte, als anwohnende Massai einige Löwen getötet hatten, die außerhalb des Nationalparks ihre Schafe und Ziegen gerissen hatten.

Die Bevölkerung außen vor zu lassen, hat bei Nationalparks ja eine traurige Tradition...

Auf jeden fall: Tatsächlich waren es zunächst ja Schutzgebiete, die die Kolonialherren eingerichtet haben, um Jagd betreiben zu können. Es wurde als ungenutztes Land angesehen, die örtliche Bevölkerung wurde ausgeschlossen und ignoriert. Nach der Entkolonialisierung wurden diese Schutzgebiete aber von den unabhängigen Regierungen als Nationalparks ausgewiesen. Moderne Konzepte schließen die Bevölkerung aber durchaus mit ein.

Aber die Tiere sind darin nicht wirklich sicher?

Es sollte so sein. Aber auch heute sind bestimmte Tiere wieder von Wilderei betroffen, vor allem die Nashörner, deren Hörner in Asien horrende Preise erzielen.

Vor kurzem sorgte auch in Deutschland ein Fall für Empörung, in dem Großwildjäger gegen Bezahlung Tiere aus einem Nationalpark geschossen haben.

In dem Fall war es so, dass Löwen aus dem Gebiet herausgelockt wurden. Es gibt aber auch ausgewiesene Gebiete, wo solche Großwildjagd stattfindet. Das Geld aus den Großwildjagden fließt dann wieder in die Erhaltung der Nationalparks.

Unter anderem der Tierschutz-NGO WWF wird vorgeworfen, Großwildjagden zu organisieren...

Der WWF diskutiert es auch sehr kontrovers. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Nationalparks sehr eingegrenzte und teilweise umzäunte Gebiete sind. Irgendwann können Tierpopulationen zu groß werden und die Bestände müssen reduziert werden.

Sie sind also kein Gegner der Großwildjagd?

Wenn jemand in ein Land fährt, um sich einen Löwen vorführen zu lassen, nur um ihn abzuknallen, dann ist das aus meiner Sich moralisch nicht zu rechtfertigen. Interview: jpb

18Uhr, Überseemuseum

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