: Einblick (588)
Bodil Furu, Künstlerin
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?
BF: Die letzte Ausstellung, die ich gesehen habe, war „Lifelines #4: Roedelius“ im HKW. Im Filmprogramm lief die Kurzdoku „Witness to War“ von Deborah Shaffer, von 1985. Der Film beschreibt die moralische Odyssee eines Mannes, der Air-Force-Einsätze in Vietnam flog und zeigt, wie er später im Kriegsgebiet von El Salvador als Friedensaktivist und Arzt arbeitet. Es ist ein sehr persönliches Zeugnis von der andauernden Tragödie des Krieges, mit viel Respekt erzählt. Für mich ein zeitloser Film.
Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen?
Das legendärste Konzert dieses Jahres war für mich das fünfstündige 2. Streichkonzert von Morton Feldman, das bei MaerzMusik aufgeführt wurde. Als ich im Kraftwerk Berlin auf einem Feldbett lag – ein bisschen fröstelig wares –, hat die Musik mein Zeitempfinden total verändert. Nach einer Weile habe ich nur noch darauf geachtet, wie die Musik sich von Note zu Note und von Akkord zu Akkord veränderte, und wie sie mit der Räumlichkeit des Gebäudes interagierte. Als es zu Ende war, wollte ich noch immer mehr, war aber vollkommen ausgelaugt.
Welche Zeitung/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag?
Das letzte Buch, was ich gelesen hab – es liegt noch immer auf meinem Schreibtisch –, ist Ulrich Becks „World Risk Society“ von 1999, ein Klassiker. Ich hab es bei der Recherche für mein Filmprojekt „Landscapes by the Book“ gelesen. Ich finde, man muss dieses Buch lesen, wenn man verstehen möchte, wie (Mikro-)Gesellschaften funktionieren und man sich für das Konzept des Risikos interessiert und für seine soziologischen und politischen Implikationen.
Bodil Furu wurde 1976 in Norwegen geboren und schloss ihr Kunststudium 2002 in Oslo ab. In ihren Videos und Dokumentarfilmen geht es um große Themen wie Umweltzerstörung und gesellschaftliche Verwerfungen, aber immer über den Fokus auf die Sichtweise und das Schicksal Einzelner. Zurzeit lebt sie als Stipendiatin in Berlin. In der aktuellen Ausstellung des Künstlerhaus Bethanien zeigt sie drei ihrer Filme.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude?
Die interessanten Menschen, die ich über meine Arbeit kennenlerne. Wenn wir aber von Gegenständen sprechen, und wenn ich wirklich ehrlich sein soll: mein Auto.
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