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Archiv-Artikel

Tapfere PISA-Verlierer

Bildungssenator will mehr Bildung im Kindergarten und appelliert an ausländische Eltern, ihren Kindern nicht die Chancen zu nehmen

bremen taz ■ Dass Bremen den letzten Platz im Bundesländervergleich belegt, kann Bildungssenator Willi Lemke (SPD) nicht weg diskutieren. Ihm ist aber vor allem die Entwicklung der Bildungsstandards wichtig, die durch die detaillierten Ergebnisse der PISA-Studie belegt werden. Bremen liege beim Leistungszuwachs im oberen Drittel der Bundesländer, habe sich in verschiedenen Bereichen um 21 Punkte verbessert. In allen Schularten hätten die Bremer SchülerInnen aufgeholt. Dabei lobte Lemke die Gesamtschulen. „Erfreulich“ sei die Entwicklung, dass dort sowohl schwache als auch leistungsstarke SchülerInnen gefördert würden. Damit gebe es dort deutlich weniger SchülerInnen, die „praktisch null Chance auf einen Ausbildungsplatz“ hätten.

Ganz anders sieht das der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Claas Rohmeyer: „Unsere Gesamtschulen weisen nur das Spektrum bayerischer Hauptschulen auf.“ Es sei nicht zielführend, alle SchülerInnen gleich zu behandeln, dadurch würden die Leistungsschwächeren überfordert und hemmten die Leistungsstarken. Aus Sicht der FDP bieten gegliederte Schulsysteme, in denen individuell auf SchülerInnen eingegangen werde, die besten Perspektiven. Die fordert durchgängige Gymnasien in allen Stadtbereichen.

Lemke will vor allem die Bildungschancen für Kinder aus benachteiligten Familien erhöhen. In Bremen haben solche Kinder bei gleichen geistigen Voraussetzungen 2,8 mal schlechtere Chancen auf den Besuch eines Gymnasiums als Kinder aus gut situierten Familien, in denen die Eltern höher gebildet sind. Bundesweit sieht es noch deutlich düsterer aus. Und in Bayern sind die Chancen für solche Kinder sogar 6,7 mal schlechter. Lemke will erreichen, dass Kinder mit Migrationshintergrund besser Deutsch lernen. Vor allem türkischstämmige Kinder müssten stärker gefördert werden. Lemke forderte die Unterstützung der Eltern: „Wenn sie ihren Kindern nicht ermöglichen, Deutsch zu lernen, nehmen sie ihnen die Chancen auf eine gute Ausbildung.“ Er will Gespräche mit VertreterInnen aus Vereinen und Organisationen führen, die ihm helfen sollen, in Kontakt mit den Eltern zu kommen. Veranstaltungen, in denen er selbst mit Eltern habe sprechen wollen, seien zu schlecht besucht gewesen.

Lemke betonte die Bedeutung der Frühförderung für Kinder. Es sei zentral, schon im Kindergarten Bildungsstandards zu schaffen. Das sieht auch die bildungspolitische Sprecherin der Grünen so: „Nur wenn schon die Dreijährigen bei Bedarf speziell gefördert werden, beginnen die Kinder mit annähernd gleichen Voraussetzung ihre Schullaufbahn“, sagt Anja Stahmann. Zentrales Problem dabei, auch nach Lemkes Auffassung: „Das kostet viel Geld.“ Der Bildungssenator wiederholte seine Forderung, diesen Bereich bei den Haushaltsberatungen nicht weiter zu kürzen. Eine Rücktrittsdrohung? Lemke barsch: „Ich drohe nicht, ich handle, weil ich das Beste für unsere Kinder herausholen will.“

Kay Müller