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Aufschaukeln in der tricky Disco

Konzert Ganz gegenwärtige Griot-Tradition: Noura Mint Seymali rockt die Berghain-Kantine mit maurischer Ravemusik

Wenn man sich, für eine erste Orientierung mal ein wenig durchs Netz fragt in Sachen Noura Mint Seymali, erfährt man schnell, dass die Sängerin aus Mauretanien einen respektablen musikalischen Back­ground hat. Sie ist die Stieftochter von Dimi Mint Abba, die selbst wohl als die „Diva der Wüste“ galt. Ihr Vater soll an der Nationalhymne Mauretaniens beteiligt gewesen sein. Wobei man auch sagen muss, dass dieser Verdienst anderswo und weiter zurück in der Ahnengalerie Seymalis Großvater zugeschrieben wird. In weiteren Quellen wird man, die Hymne betreffend, sogar ganz andere Autorenvermerke finden.

Mit dieser Informationsweitergabe durch ein manchmal halt auch nur raunendes Hörensagen im Netz ist man aber doch auch bereits irgendwie im traditionellen Geschäft der Griots angelangt, den Sängern und Musikern in Westafrika, die ja gleichfalls als Geschichtenerzähler dafür sorgen, dass Wissen weitergegeben wird.

Noura Mint Seymali jedenfalls, die in dieser Griot-Tradition steht, hat im vergangenen Jahr mit „Tzenni“ ihr Debütalbum für den Weltmarkt vorgelegt. Mit einer ziemlich tollen Musik, die man sich bequem überstreifen kann wie einen exotischen Pulli, ohne deswegen schon eine genauere Kenntnis von den subtilen Kleiderordnungen anderswo zu haben.

Was weiß man denn hier groß von der Musik des Maghrebs? Wahrscheinlich müsste man sich doch rückvergewissernd auf den Marktplätzen von Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens, rumhorchen, ob mit Seymalis Album tatsächlich, wie in den Rezensionen dazu geschrieben, die maurische Griot-Tradition musikalisch in die Moderne katapultiert wurde.

Mächtig schweißtreibend

Wer allerdings etwas mit dem Tuareg-Rock von Tinariwen oder Tamikrest vertraut ist, kann auf „Tzenni“ durchaus nachbarschaftliche Beziehungen dazu hören in dem hypnotischen Gesang und den Trancemelodien, die einen auch gleich beim Konzert von Noura Mint Seymali am Mittwoch in der Berghain-Kantine packten. Der Saal propper gefüllt, die Temperaturen unbarmherzig schweißtreibend. Auf der Bühne eine kleine, kompakte Band: Schlagzeug, Bass, Gitarre. Bei den ersten Titeln spielte Seymali dazu die Ardine, eine Kora-ähnliche Harfe, deren metallisch-stichelnder Sound sich prima mit den komplexen Gitarrenfiguren von Jeiche Ould Chighaly, dem Gatten Seymalis, verhakte.

Dessen Spiel hatte was von einen ziemlich verschärften Mark Knopfler. Manchmal meinte man in der Berghain-Kantine so, wenn man den Gesang mit den Melismen mal etwas beiseite ließ, tatsächlich eine energisch jammende und dabei einige Sonderwege findende Hardrockkapelle zu hören. Und dann wieder, die Sängerin hatte ihre Harfe inzwischen zur Seite gelegt, gab es eine klatschfreundliche Animationsmusik, wie sie in der weltweiten Disco funktioniert. Energisch forderte die Sängerin etwas mithüpfende Stimmung ein.

Und das Publikum gönnte sich den Spaß. Und tanzte einfach ausgelassen zu der Musik, deren genauere Verhältnisse zwischen maurischer Tradition und moderneren Einlas­ sungen man nun ja bestimmt nicht bei einem Konzert entwirren muss.

Da waren also diese beharrlich wiederholten Gitarrensequenzen, oft passgenau zum kraftvollen Gesang von Noura Mint Seymali. Sich aufschaukelnd, ein kreiselndes Treiben. Soghaft. Prinzipiell im Ertrag wenig anderes als House­ tracks, hier halt hand­ geschnitzt.

Letztlich war es einfach tricky Ravemusik. Thomas Mauch

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