„Ich bin keine Vorzeigefigur“

SCHWIMM-WM II Marco Koch über seine Probleme bei der Sponsorensuche, die Überwindung des Tiefs im deutschen Schwimmsport und die Eventisierungstrends in seiner Sportart

Marco Koch im April bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin Foto: dpa

taz: Herr Koch, bei den WM im russischen Kasan springen die Schwimmer in den Pool eines umfunktionierten Fußballstadions. Bei der EM 2014 stand das Becken im umgebauten Berliner Velodrom. Was halten Sie von dieser Eventisierung im Schwimmsport?

Marco Koch: So etwas finde ich eigentlich immer ganz cool. Ich bin gespannt, was für eine Stimmung in so einem Riesending rüberkommt. Ich hoffe natürlich, dass das Schwimmen so wieder ein bisschen mehr in den Fokus gerät. Denn momentan haben ja alle Sportarten außer Fußball Probleme, was die Medien- und Zuschaueraufmerksamkeit angeht.

Sie haben das Projekt „Marco Koch for Gold – Mit Darmstadt im Rücken nach Rio“ ausgerufen, um Sponsoren zu finden und sich zu professionalisieren. Wie läuft das?

Es geht. Wir haben schon ein paar Personen gefunden, die mich da unterstützen. Vielleicht hätten wir vorher ein bisschen mehr erwartet. Aber es ist ja noch ein Jahr hin bis Rio.

Werden Sie mittlerweile eigentlich häufiger erkannt, wenn Sie auf der Straße entlanggehen als vor zwei, drei Jahren? Sie sind immerhin Vizeweltmeister und Europameister.

Nein. Daran hat sich nichts geändert. In Darmstadt kennen sie nur Fußball. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga sowieso.

Ihr „Koch for Gold“-Projekt hat den Olympiasieg im Titel. Wie schätzen die Chancen ein?

Das ist natürlich der große Traum. Aber es gibt schon sehr viele Leute, die in diesem und im letzten Jahr über 200 Meter Brust sehr schnell geschwommen sind. Lassen wir uns also überraschen im nächsten Jahr.

Ihr heimisches Umfeld ist Ihnen sehr wichtig. Gleichzeitig aber lobt Chefbundestrainer Henning Lambertz gerade Ihre regelmäßigen Aufenthalte im Ausland.

Ich trainiere schon gern mal wo­anders. Aber egal, wo ich im Trainingslager war und wie schön es da war: Ich freue mich immer auf zu Hause. Doch zwischendurch immer mal neue Reize zu sammeln, ist schon gut.

Marco Koch

Der 25-jährige Brustschwimmer startet für den DSW 1912 Darmstadt. Bei den WM in Kasan tritt er über 200 Meter als Vizeweltmeister an.

Seit vergangenem Jahr gibt es das Sponsoringprojekt „Marco Koch for Gold – Mit Darmstadt im Rücken nach Rio“, das auf Kleinsponsoren setzt.

Welche Reize? Was kann man sich darunter vorstellen?

Zum Beispiel habe ich mir vorKurzem eine Magnetmatte gekauft, die die Regeneration zusätzlich unterstützen soll. Ich hatte Probleme mit den Knien, und das hat sich dadurch sehr schnell verbessert. So kann ich noch ein bisschen härter trainieren.

Sie arbeiten mit dem früheren Brustschwimmer Mark Warnecke aus, der heute als Arzt praktiziert. Wie hilft er Ihnen?

Er hat extrem viel Ahnung von der ganzen Sache. Außerdem war er einer, der früher eher ein bisschen zu viel als zu wenig gewogen hat, nicht so super austrainiert aussah. Ich denke, dass wir da vom Typ sehr ähnlich sind. Deswegen weiß ich, dass er mich sehr gut versteht.

Bei Olympia 2012 war der deutsche Schwimmsport an einem Tiefpunkt. Wie hat er sich seither entwickelt?

Ich würde schon sagen, dass es seit London auf jeden Fall besser geworden ist. Auch seit letztem Jahr. Paul Biedermann zum Beispiel ist wieder zurück. Ich denke, wir sind auf jeden Fall besser aufgestellt als bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren. Aber natürlich muss man erst mal sehen, wie es jetzt in Kasan aussieht.

Bei den letzten WM und EM waren Sie jeweils erfolgreichster deutscher Schwimmer. Sind Sie der Star im Team?

„Auf der Straße werde ich nicht erkannt. In Darmstadt kennen sie doch nur Fußball. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga sowieso“

Ich sehe mich generell nicht als Vorzeigefigur. Ich freue mich immer, wenn wir noch mehr Leute haben, die sehr weit vorne mitschwimmen. Zum Beispiel mit Steffen Deibler – ich hoffe, dass es bei ihm bei einem Groß­ereignis jetzt endlich mal klappt. Ich jedenfalls brauche keine Sonderrolle.

Geht es für Sie in Kasan vorrangig um Zeiten oder um Titel?

Eigentlich zählen für mich nur die Zeiten. Titel kann ich selbst nicht beeinflussen. Ich würde über 200 Meter Brust gern schneller schwimmen als im letzten Jahr bei der EM. Wenn ich das erreiche, bin ich zufrieden.


Interview Andreas Morbach