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„Wie ein Kleinkrimineller“

Konferenz „This is not Greece“ diskutiert über Griechenland-Klischees in den Medien

Foto: Missy Magazine
Margarita Tsomou

38, griechisch-deutsche Journalistin und Aktivistin. Sie organisiert die Konferenz „This is not Greece“.

taz: Frau Tsomou, kommt Griechenland in den Medien zu schlecht weg?

Margarita Tsomou: Die Berichterstattung über die Griechenlandkrise war sehr einseitig und überwiegend negativ. Die ökonomisch-strukturellen Probleme Europas werden mit Mentalitätsanalysen und dem griechischen Volkscharakter erklärt. Der wird als faul und raffgierig beschrieben – wie ein unaufrichtiger Kleinkrimineller. Das ist der Tenor, der seit Jahren in der deutschen Berichterstattung vorherrscht.

Welche Perspektive auf Griechenland fehlt?

Es wird zu wenig wahrgenommen, dass die beschlossenen Hilfspakete nicht zu einer Verbesserung der Lage Griechenlands geführt haben. Und dass die vermeintlich griechische Krise eigentlich eine Krise des Euros ist. Mit unterschiedlichen Wirtschaftsleistungen, aber einheitlicher Währung entstehen automatisch Probleme in einem Staatenbund.

Wie gehen die griechischen Kulturschaffenden mit der Situation um?

In Griechenland gibt es keine staatliche Unterstützung mehr für Kultur. Sie arbeiten unter neuen Produktionsbedingungen, um mit der Lage fertig zu werden. Ein Beispiel ist der Film „Boy Eating The Bird‘s Food“, der als erfolgreichster griechischer Film der letzten zwei Jahre gilt. Er wurde mit einer Handkamera gedreht. Trotz der fehlenden Finanzierung boomen Kulturproduktionen, weil es offenbar für die Leute notwendig ist, sich auszudrücken. Man denkt sich neue Produktionswege aus, die von der Selbstorganisation der Menschen in der Not beeinflusst sind.

Ist das die Zukunft Griechenlands?

Wir werden weiter politische Instabilität erleben. Das Kreditproblem ist nicht gelöst, sondern nur verschoben.

Sie nennen die Konferenz „This is not Greece“. Was ist Griechenland für Sie?

„This is not Greece“ behauptet nicht, dass es das ein Griechenlandbild gibt. Es soll einen Diskussionsprozess anstoßen und die deutsche und griechischen Zivilbevölkerung vernetzen. Wir haben unterschiedliche Filmemacher, Philosophen und Kunstschaffende eingeladen, um authentische Stimmen zu Wort kommen zu lassen, die bisher noch nicht gehört wurden.

Interview: Larissa Robitzsch

Diskussion „Griechenland in den deutschen Medien“: 18 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20

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