Berliner Szene
: In den Griff kriegen

Loch, schon wieder

Leider ging dem Reifen schon wieder die Luft aus

Der Sommer ist problematisch. Das Fahrrad war ständig kaputt. Nach den Platten des Frühlings brach das Ritzel entzwei. Nach der Reparatur fuhr es wieder ganz super. Es war eine schöne Erfahrung, auf prallen Reifen durch die Gegend zu düsen. Bis der Hinterreifen auf dem heißen Asphalt platzte.

Ich kaufte mir einen neuen Reifen und flickte den alten Schlauch. Das ging so halbwegs ein paar Tage, bis ich bemerkte, dass der Schlauch ständig ein bisschen Luft verlor. Jede Viertelstunde musste man nachpumpen. Nach einigen Tagen hatte ich keine Lust mehr, ließ das Fahrrad stehen und ging ein paar Wochen zu Fuß.

Am Samstag entschloss ich mich trotzdem, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ich öffnete einen zwei Wochen alten Brief vom Finanzamt, erledigte meine Einkommensüberschussabrechnung 2014, flickte den Fahrradreifen und hörte dabei Radio. Ich aß Hähnchen zu Mittag bei Karstadt. Dann fuhr ich zu einem beruflichen Termin. Es war heiß, ich fühlte mich leicht angeschlagen, hatte mein Leben aber im Griff. Leider ging dem Reifen schon wieder die Luft aus. Das neue Loch schien größer zu sein als das alte. Nun musste man alle zehn Minuten pumpen. In der Karl-Marx-Straße überlegte ich mir, einen neuen Schlauch zu kaufen, kurz vor Südstern verwarf ich den Gedanken, flickte den Schlauch zu Hause und fuhr einkaufen. Kurz vor Netto war der Schlauch wieder kaputt. Diesmal war das Loch so groß, dass ich das Fahrrad nach Hause tragen musste. Ich fühlte mich ein bisschen gedemütigt.

Am nächsten Morgen startete ich meinen letzten Versuch. Bei jedem meiner Arbeitsschritte war ich misstrauisch und kon­trollierte, ob ich alles richtig gemacht hatte. Ganz vorsichtig fahre ich in der Gegend herum und schiebe das Rad auch.

Detlef Kuhlbrodt