piwik no script img

Abseits der Massenware

NACHKRIEGSZEIT Er unterhielt die Deutschen: Dass der umtriebige Produzent Artur Brauner auch politisch Anspruchsvolles verantwortete, zeigt eine Reihe im Hamburger Metropolis-Kino

1948 produzierte Brauner einen Film über die Flucht einer Gruppe von KZ-Häftlingen, den freilich kaum jemand sehen wollte

Um die 500 Filme hat er produziert, von denen die meisten ­zu Recht längst vergessen sind: Artur Brauner war und ist einer der fleißigsten und geschäftstüchtigsten Produzenten Deutschlands. Dabei wurde er in den gewinnträchtigsten Jahren, den 1950er- und frühen 1960er-Jahren, immer wieder von seinem früheren Beschäftigten Horst Wendlandt überflügelt: Dieser initiierte die Edgar-Wallace- und Karl-May-Filmwellen, auf die Brauner dann mit billigen Nachschöpfungen aufsprang – etwa den Verfilmungen von Büchern des Wallace-Sohnes Bryan Edgar Wallace oder Filmen wie „Old Shatterhand“, die nicht auf Mays Büchern basierten. Aber Brauner produzierte auch immer wieder politisch unbequeme Filme, für die es kein großes Publikum gab, die er aber mit der seichten Unterhaltungsware finanzierte.

Als Jude hatte der 1918 in Łódź geborene Brauner nach dem deutschen Überfall auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs in die Sowjetunion fliehen müssen. Viele seiner Verwandten wurden ermordet, seine Eltern wanderten später nach Israel aus. Brauner selbst zog nach Berlin, wo er 1946 die CCC für „Central Cinema Company“ – gründete. 1948 produzierte er mit „Morituri“ einen Film über die Flucht einer Gruppe von KZ-Häftlingen, den im Nachkriegsdeutschland freilich kaum jemand sehen wollte.

Im Hamburger Metropolis-Kino läuft seit einigen Wochen eine Reihe mit diesen thematisch schwierigen Filmen. Am kommenden Samstag und Sonntag ist da etwa „Die Spur führt nach Berlin“ aus dem Jahr 1952 zu sehen, in dem ein amerikanischer Rechtsanwalt nach dem Krieg nach den verschollenen Erben eines großen Vermögens sucht. Der Polit-Thriller ist einerseits voller Klischees, aber dennoch interessant, weil viele Außenaufnahmen in den Ruinen Berlins gedreht wurden.

Eines der Verdienste Brau­ners besteht darin, dass er einige deutsche Regie-Veteranen, die im „Dritten Reich“ nach Hollywood gegangen waren, zumindest für kurze Zeit wieder nach Deutschland holte. So drehte Robert Siodmak 1955 „Die Ratten“ und verlegte Gerhart Hauptmanns Drama ins zeitgenössische Berlin; dieser Film ist am Mittwoch und Donnerstag der kommenden Woche zu sehen.

Am 10. und 13. August steht „Der 20. Juli“ auf dem Programm, in dem sich Regisseur Falk Harnack mit dem Attentat auf Adolf Hitler 1944 auseinandersetzte. Der junge Götz George ist dann in „Mensch und Bestie“ (16. + 17. August), der von zwei Brüdern im KZ Mauthausen erzählt – der eine Häftling, der andere in der SS-Wachmannschaft.

Mit der „Die 1.000 Augen des Dr. Mabuse“ (19. + 21. August) beendete Fritz Lang 1960 seine Regie-Karriere. Nicht mehr und nicht weniger als ein spannender Krimi, mit dem Gerd Fröbe in Hollywood eine Visitenkarte abgab: für den Bösewicht in „Goldfinger“. HIP

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen