Unterm Strich:
Was hat ein Gedicht von Franz Schubert im Donald-Duck-Comic verloren? Antworten auf solche popkulturellen Fragen gibt das neue Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach, einer 7.500-Seelen-Stadt im Nordosten Bayerns. Das Multimedia-Museum zu Ehren der Donald-Duck-Übersetzerin eröffnete am Wochenende. Die promovierte Kunsthistorikerin Erika Fuchs gilt als Grande Dame des deutschen Comics. Von ihrem Wohnort Schwarzenbach aus war sie von 1951 bis 1988 Chefredakteurin der deutschen Micky-Maus-Ausgaben – und vor allem deren Übersetzerin. Fuchs erfand Kunstwörter und schuf sogar eine neue Verbform – den Inflektiv, der Übersetzerin zu Ehren auch Erikativ genannt, der das Verb auf seine Stammform reduziert („grübel und studier!“). „Die sprachliche Qualität dieser Übersetzungen trug wesentlich dazu bei, Comics vom Schmuddelimage zu befreien, das ihnen in den 1950er und 1960er Jahren noch anhing“, sagt Alexandra Hentschel, die als Kulturwissenschaftlerin das Museumsprojekt betreut. In Video-Stationen erklären ein Kriminalbiologe, ein katholischer Theologe oder eine Soziologin die gesellschaftlichen Geheimnisse der Comicstadt. Dass Entenhausen im Fichtelgebirge liegt, wird Insidern aus den vielen Orts- und Personennamen ersichtlich, die Erika Fuchs aus ihrem persönlichen Umfeld in die Hefte schmuggelte – von Schnarchenreuth bis nach Kleinschloppen. Noch mehr Lokalkolorit: Der Freudenthal-Preis für neue plattdeutsche Literatur geht in diesem Jahr nach Schleswig-Holstein: Martha-Luise Lessing aus dem Kreis Segeberg und Willi Höfig aus dem Kreis Nordfriesland bekommen die mit 2.500 Euro dotierte Auszeichnung für ihren Gedichtzyklus „Da grote Speel. Versöök för twee Speelers – Na de Oort van en Renshi“. Als Vorlage habe das japanische Renshi gedient, ein modernes Kettengedicht von mehreren abwechselnd schreibenden Autoren. Eine Jury aus vier Literatur- und Plattdeutsch-Experten hatte zuvor die Gewinner für den bundesweit ältesten Preis für plattdeutsche Literatur bestimmt. Er wird zum 59. Mal verliehen. Die Auszeichnung ist nach den Brüdern Freudenthal benannt, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Lüneburger Heide durch Landschaftsbeschreibungen bekannt machten.
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