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Verrückte Loops, sinnlose Cliffhanger, surreale NebensträngeDie neue Qualitätsserie „Grexit“

Foto: privat

Eben

von DorisAkrap

Wer Fan von „West Wing“ oder „House of Cards“ ist, wird auch bei dieser neuen Serie zum Binge-Watcher. Verrückte Loops, verwirrende Erzählstränge, überraschende Wendungen, großartige Dialoge, fiese Machenschafen, faszinierende Charaktere – die Qualitätsserie „Grexit“ macht süchtig. Das Ende der aktuellen Staffel wurde noch nicht abgedreht, aber eine neue Staffel bereits in Auftrag gegeben.

Wie bei jeder guten Serie ist man versucht, nach ein, zwei Staffeln auszusteigen. Aber wie bei jeder guten Serie muss man ihr eine zweite und dritte Chance geben. Man darf sich nicht über sinnlose Cliffhanger und Fehlbesetzungen ärgern, sollte sich für unlogische Plots und ausscheidende Hauptdarsteller begeistern und aushalten, dass Behinderte auch einfach mal ätzend sein können.

Mit Untertiteln gucken, sei geraten, denn die synchronisierte Fassung ist fehlerhaft. Oxi bedeutet nämlich nicht sicher nein, sondern eher jein, exit nicht unbedingt raus, sondern manchmal auch rein. Geschulte Serienkenner wissen, dass nicht alles, was gesagt wird, auch so gemeint ist.

Um nachvollziehen zu können, was oxi und was paradoxi und was einfach nur Murks ist, sollte man gelegentlich zurückspulen, auf Pause drücken, im Bonusmaterial nachgucken oder auf Fanseiten die Recaps lesen, um alle Anspielungen mitzukriegen, die zu später noch wichtig werden könnten.

Serienkenner wissen, dass Erzählstränge auch mal liegengelassen werden, Dialoge nur für sich stehen und Charaktere ohne Vorwarnung verschwinden können. Man darf von der vordergründigen Handlung nicht darauf schließen, dass die Serie davon handelt, wer am Ende das ganze Picknick bezahlt. In einer parlamentarischen Demokratie geht es nicht ums täglich Brot, sondern eher um die tägliche Barbecue-Soße.

Es ist auch nicht die Frage, ob Varoufakis aus der Serie ausscheiden musste, weil er seine Grillkompetenzen überschätzt. Die Frage ist, ob Varoufakis den Vertrag für die Rolle in „24: Live another day“ unerschrieben hat oder auf die Nachfolge von Daniel Craig spekuliert.

Man darf sich auch nicht von dem surrealen Nebenstrang in der aktuellen Staffel beirren lassen. Guy Verhofstadt in der Rolle des zahnlosen Orca auf Speed, Wolfgang Schäuble als Seeotter auf Koks und Alexis Tsipras als in den Algen verhedderter Hummer auf Amphetamin.

Statt aber diese Qualitätsserie angemessen zu rezensieren, kommt die seriösen Presse wochenlang nur mit einem Blockbustertitel in verschiedenen Varianten: „Armageddon Day“, „Schicksalstag“, „Tag der Entscheidung“. Dabei hätte man allein im Juli auch andere Tage gehabt: Tag der kreativen Eissorten, Habe-Ich-vergessen-Tag, Ehrentag der Klimaanlage, Bleib-mir-aus-der-Sonne-Tag, Sei-nochmal-ein-Kind-Tag und Bastel-dir-eine-Vogelscheuche-Tag

Als Binge-Watcher sind einem alle Tage egal. Schließlich weiß man seit Sepp Herberger: Der nächste Tag ist immer der schwerste. Es könnte sein, dass man eine Vogelscheuche basteln muss. Und deswegen die letzte Folge verpasst. Oder dass man ihn einfach vergisst. Weil die nächste Folge gebuffert ist.

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