Gartenbau-Kongress „Terra Preta“: Hoffnungsträger Pflanzenkohle

Schwarzerde mit Biokohle steigert Ernteerträge und bindet Treibhausgase. Die Herstellung wird billiger durch ein neues Pyrolyseverfahren.

Biobfall liegt auf einem Haufen

Durch Pyrolyse gelangen die Pflanzenreste in Form von Schwarzerde wieder auf den Acker. Foto: imago/Horst Rudel

BERLIN taz | „Hier herrscht eine Aufbruchstimmung wie vor 30 Jahren bei der Windenergie“, freute sich Karsten Schomaker, Betriebsleiter des Botanischen Gartens Berlin, am Ende eines zweitägigen Kongresses zum Thema Pflanzenkohle im Gartenbau. Etliche der 120 teilnehmenden Wissenschaftler und Praktikerinnen bekräftigten in Referaten deren Rolle als Hoffnungsträger.

Sie bilde Dauerhumus, binde Wasser, hygienisiere Schadstoffe, steigere Ernten und reduziere Treibhausgase. Weltweit scheint das Gärtnern mit Pflanzenkohle eine ähnliche Basisbewegung zu werden wie die der erneuerbaren Energien.

Der Workshop der Freien Universität Berlin fand zum Abschluss des von Konstantin Terytze und Robert Wagner geleiteten fünfjährigen Forschungsprojektes Terraboga am Rande des gleichnamigen Versuchsgeländes statt. Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt sieht das auch auf der Mailänder Weltausstellung gezeigte Terraboga als „Leuchtturmprojekt“.

Der Name leitet sich von Terra Preta (portugiesisch für Schwarzerde) ab. In dem Terraboga-Projekt im Botanischen Garten werden Grünabfälle in einer Pyrolyseanlage bei hohen Temperaturen verkohlt, anschließend fermentiert beziehungsweise kompostiert. Topf- und Freilandversuche ergaben, dass viele, wenn auch nicht alle Kulturen in Schwarzerdesubstraten mehr Blüten und Früchte trugen. Bei Erdbeeren etwa, so Terraboga-Mitarbeiterin Kathrin Rößler, habe sich die Ernte um 33 Prozent gesteigert und bei Kartoffeln um knapp 17.

In tropischen Ländern ist der Effekt offenbar noch größer. Hans-Peter Schmidt vom Schweizer Ithaka-Forschungsinstitut, der in Nepal kleinbäuerliche Familien und Erdbebenopfer begleitet, berichtete von Ertragssteigerungen um die 300 Prozent bei Kürbis und Tee.

Die Agrarwissenschaftlerin Ariane Krause betreute in Tansania Kleinbauern, die viermal so viel Mais und zweimal so viel Zwiebeln ernten konnten. Das sind relevante Ergebnisse in einer Welt, in der für immer mehr Menschen immer weniger Ackerfläche zur Verfügung steht. Heute sind es global rund 2.700 Quadratmeter pro Person, 2050 werden es nur noch etwa 2.000 sein.

Gerhard Soja vom Austrian Institute of Technology rechnete vor, welche positive Rolle Pflanzenkohle auch im Klimaschutz spielen könne. Es dürften weltweit nur noch 1.000 Gigatonnen Kohlendioxid freigesetzt werden, wenn das Klimaziel von höchstens zwei Grad plus noch eingehalten werden soll. Mittels Schwarzerdebildung könnten in hundert Jahren 130 Gigatonnnen dauerhaft in Böden gespeichert werden, hinzu kämen andere positive Effekte der Technik und ihre mögliche Kaskadennutzung.

Das größte Problem ist jedoch, dass sie sich für hiesige Bauern nicht rechnet. Ähnlich wie bei den erneuerbaren Energien in den Anfängen ist auch die Herstellung der Pflanzenkohle bisher viel zu teuer.

Doch hier findet womöglich bereits die Revolution in der Revolution statt: Mit der sogenannten Kon-Tiki-Pyrolyse scheint dem Ithaka-Institut eine starke Verbilligung der Technik gelungen zu sein. Hierbei werden Pflanzenabfälle in einem konischen Metallbehälter oder gar nur einem konischen Erdloch verkohlt. Damit kann potenziell jeder Bauer und jede Gärtnerin die eigene Schwarzerde herstellen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.