Beschluss der Justizministerkonferenz: Fahndung nach NS-Tätern geht weiter

Solange noch mutmaßliche NS-Verbrecher leben, soll es in Ludwigsburg zentrale Vorermittlungen geben. Eine Forschungsstelle ist geplant.

Aktenschubladen in der Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen.

Hier wird auch künftig kein Staub ansetzen: Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg. Foto: dpa

STUTTGART taz | Die „Zentrale Stelle“ für die Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg ist dauerhaft gesichert. Das beschloss an diesem Donnerstag die Konferenz der Landesjustizminister in Stuttgart. „Auch wenn die Beschuldigten immer älter werden, ist ein Ende der Strafverfolgung nicht abzusehen“, sagte Rainer Stickelberger (SPD), der Justizminister von Baden-Württemberg.

Die Zentrale Stelle wurde 1958 eingerichtet und ist eine gemeinsame Einrichtung der Bundesländer. Die Kosten von jährlich rund 1,2 Millionen Euro tragen die Länder nach dem üblichen Schlüssel. Derzeit fahnden rund 18 spezialisierte Mitarbeiter im In- und Ausland nach NS-Tätern, vor allem in alten Akten und Archiven. Wenn die Ludwigsburger Vorermittlungen in einem Fall abgeschlossen sind, entscheidet die jeweilige Staatsanwaltschaft am Wohnort des Beschuldigten, ob Anklage erhoben wird. In Lüneburg steht derzeit der 93-jährige ehemalige SS-Mann Oskar Gröning vor Gericht, weil er in Auschwitz Beihilfe zum Massenmord geleistet haben soll.

Seit 2000 wird die Zentrale Stelle von Kurt Schrimm geleitet, der im Sommer jedoch in Ruhestand geht. Dies war Anlass, über die Zukunft der Einrichtung nachzudenken. „Die Stelle wird gleichwertig wiederbesetzt“, sagte Stickelberger nach der Konferenz. Es wird also wieder ein Oberstaatsanwalt an der Spitze der Zentralen Stelle stehen.

„Solange noch strafrechtliche Ermittlungen möglich sind, wird die Einrichtung in bisheriger Form weitergeführt“, fasst Stickelberger die Diskussionen zusammen. Derzeit gebe es pro Jahr rund dreißig Ermittlungsverfahren. „Das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben“, vermutet Stickelberger. Denn es ergaben sich neue Zugänge zu Archiven in Ecuador, Peru und Brasilien. Dort erhofft man sich Aufschluss über Täter, die ab 1945 nach Südamerika auswanderten. Zudem sei die Auswertung von Archiven in Russland bald abgeschlossen, so Stickelberger.

Aber auch nach dem Ende der Ermittlungen, wenn keine mutmaßlichen Täter mehr leben, soll die Einrichtung in Ludwigsburg erhalten bleiben – als „Ort des Gedenkens, der Mahnung, der Aufklärung und der Forschung“, so der Beschluss der 16 Landesjustizminister. Möglich sei ein „Dokumentations-, Forschungs- und Informationszentrum“ heißt es dann etwas unverbindlicher.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kann sich vorstellen, dass in Ludwigsburg dann auch das Versagen der deutschen Nachkriegsjustiz bei der Aufklärung der NS-Verbrechen thematisiert wird. Derzeit arbeitet sein Ministerium dies im „Rosenburg-Projekt“ auf, benannt nach dem ersten Amtssitz des Bundesjustizministerium nach dem Zweiten Weltkrieg.

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