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Archiv-Artikel

Was tun für Hamburgs Kinder?

Kinderschutzbund fordert hamburgweite Versorgung mit Familienhebammen: Junge Mütter bräuchten frühestmögliche Unterstützung. SPD will neue Kita-Plätze. Sozialsenatorin Schnieber-Jastram liebäugelt mit Krippenprojekt

von Kaija Kutter und Kristina Allgöwer

Kein Tag ohne neue traurige Nachrichten über vernachlässigte Kinder. Gestern wurde bekannt, dass die Polizei auch auf der Veddel und in Eimsbüttel Kinder in vermüllten Wohnungen entdeckte. Der Geschäftsführer des Kinderschutzbundes, Uwe Hinrichs, fordert den Senat vor diesem Hintergrund auf, er müsse „tief in die Tasche“ zu greifen, um Vernachlässigung zu verhindern. Ein „Schlüssel“ hierfür sei der flächendeckende Ausbau der Familienhebammen.

Wichtig sei, so Hinrichs, dass jungen Müttern gleich zu Beginn geholfen werde, eine positive Beziehung zum Baby aufzubauen: „Es muss keine Vernachlässigung geben, wenn wir die Familien rechtzeitig positiv erreichen.“ In Lurup, wo der Kinderschutzbund eines der bislang sieben Hebammenprojekte in Hamburg betreut, werde dies von jungen und jugendlichen Müttern „sehr gern angenommen“. Wichtig sei dabei die Kombination einer Hebamme, die bis zu einem Jahr lang die Familie betreut, mit einer Sozialpädagogin, die den jungen Eltern hilft, eigene Kindheitserfahrungen aufzuarbeiten, damit sie Liebe geben könnten, auch wenn sie selbst keine erfahren hätten.

Die aufsuchenden Sozialarbeiter können aber auch praktische Hilfe leisten, wie sie die Mutter der an den Folgen einer unbehandelten Mandelentzündung gestorbenen Michelle gebraucht hätte. Die Mutter von sechs kleinen Kindern sagte am Montag vor Gericht aus, sie habe für die vier jüngsten keine Geburtsurkunden, weil sie es nicht geschafft habe, diese vom Standesamt zu besorgen. Später habe sie dann Angst gehabt, zu den Behörden zu gehen. Die hätten einen „harten Ton“ und seien immer unfreundlich zu ihr gewesen. Ohne die Urkunden konnte sie weder Kindergeld noch Krankenkassenkarten beantragen.

Ginge es nach dem Kinderschutzbund, sollte es in „jedem Ortsteil“ ein Hebammenprojekt geben. Allein in Altona mit 2.000 Geburten im Jahr müsste jede zweite Familie aufgesucht werden, wofür „mindestens 20“ Mitarbeiterinnen nötig wären.

Der Senat hatte den Ausbau bereits im Sommer angekündigt. Allerdings hält Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastam (CDU) sich noch bedeckt, in welchem Umfang dies geschieht. Es würden ab 2006 „mehrere“ sein, deren Standorte noch in diesem Jahr bekannt gegeben würden, sagt Sprecherin Katja Havemeister.

Die SPD-Familienpolitikerin Carola Veit hält die frühen Hilfen für „einen ganz wichtigen Punkt“. Denn wenn Mütter schon früh Zugang zum Hilfssystem hätten, trauten sie sich eher, dies zu nutzen, wenn die Kinder älter sind. Die GAL-Jugendpolitikerin Christiane Blömeke hat gegen die Hebammen „nichts einzuwenden“, hält sie aber nicht für die Lösung. Die CDU kümmere sich um alles „rund um die Geburt“ und versäume darüber die Hilfe für ältere Kinder.

Unterdessen hat Schnieber-Jastram angekündigt, „deutlich mehr im Krippenbereich zu tun“. Damit gemeint sind aber nicht zusätzliche Ganztagsplätze, wie sie die SPD fordert, sondern „zeitlich begrenzte Kleinkindbetreuung“, bei der nach Vorbild der englischen „Early Excellence Center“ auch die Eltern aktiviert werden. Dies sei „eine Überlegung“, schränkt Havemeister ein, die voraussetze, dass „finanzielle Mittel da sind“.