Handbuch für Erbschleicher

Während der Winterpause der Fußball-Regionalliga Nord stellt die taz an dieser Stelle Fanartikel vor, die es noch nicht gibt, aber dringend geben sollte. Heute: das Erbschleicher-Handbuch für Fans des THW Kiel.

Der Erfolg frisst seine Kinder – das trifft besonders auf den THW Kiel zu. Dessen Publikum gilt als überaltert. Als Werbepartner kommen demnächst nur noch Kukident und Kind-Hörgerät infrage. Auf der THW-Homepage wird erklärt, warum das so ist: „Wie Sie sicher wissen, sind die Bundesliga-Spiele des THW durch den Dauerkartenvorverkauf fast ausverkauft. (...) Besitzer einer Dauerkarte haben Vorkaufsrecht für die folgende Saison, (...) d.h. es gibt normalerweise vor Saisonbeginn keine Dauerkarten im freien Verkauf.“ Die Dauerkartenbesitzer bleiben gewöhnlich bis zum Lebensende auf ihrem einmal erworbenen Vorrecht sitzen. Und wenn ihre Tage gezählt sind, vererben sie das Stammblatt, das dieses Privileg sichert. Wer ein solches nicht für astronomische Summen auf dem Schwarzmarkt erwerben kann und keinen Großvater mit Dauerkarte besitzt, hat nur eine Chance, der erlesenen THW-Gemeinde dauerhaft beizutreten: Erberschleichung. Aber wie wird man zum erfolgreichen Erbschleicher? Wie bricht man unbefugt in die biologische Erbfolge ein? Nicht jeder bekommt das Talent dazu in die Wiege gelegt, in der Schule lernt man es auch nicht. Reichen ein paar Botengänge oder muss man sich zum täglichen Vorlesen einfinden? Vom ersten, wie zufälligen Kennenlernen auf der jährlichen Meisterfeier bis zur Verstetigung des Kontaktes im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres hält das Handbuch jede Menge nützlicher Kniffe bereit. Die Literaturliste zur Verkürzung der Wartezeit mit Titeln wie „Arsen und Spitzenhäubchen“ und „Gesche Gottfried“ wurde allerdings gestrichen.  RLO