: FDP will Elternwillen einschränken
SCHULEMPFEHLUNG Der niedersächsische Landtag debattiert über das „ideologisch“ vernagelte Schulsystem und ob Eltern oder die Grundschule entscheiden, in welche weiterführende Schule die Kinder gehen sollen
Es flogen die Vokabeln Lüge und Wahlbetrug, die Landtagsfraktionen beharkten sich mit dem Unwort „Ideologen“ und am Ende kam auch noch der „Weihnachtsmann“. So musste sich Ministerpräsident Christian Wulff titulieren lassen, schließlich habe er, befand die SPD, seine Kultusministerin demontiert.
Anlass des schulpolitischen Scharmützels war ausnahmsweise mal nicht Elisabeth Heister-Neumann persönlich, sondern die FDP. Genauer: Ihr Plädoyer, Aufnahmeprüfungen an Gymnasien zu reaktivieren nebst dem Vorschlag, den freien Elternwillen einzuschränken, falls man sich mit der Grundschule nicht über die Leistungsfähigkeit der Kinder einigen kann.
SPD-Schulexpertin Frauke Heiligenstadt nahm’s als weiteres Indiz für das „ideologisch“ vernagelte dreigliedrige Schulsystem. „Ihre Argumentation, das passiere zum Wohl des Kindes, ist an Heuchelei kaum zu überbieten“, rief sie. An die Adresse von Wulff ging der Vorwurf, Heister-Neumann am 2. Dezember auf dem Philologenkongress in den Rücken gefallen zu sein. Dort hatte er Sympathien für die liberalen Offensive erkennen lassen, während die Kultusministerin stets erklärt habe, der freie Elternwille stehe nicht zur Disposition.
So ließ sie sich auch gestern vernehmen und fügte spitz hinzu, die größte Unfreiheit des Elternwillens sei die „flächendeckende Einführung der Gesamtschule“. Zu diesem Zeitpunkt war das Wortgefecht längst zur Systemdebatte gefroren. Die besseren Argumente hatte dabei die Opposition. Die Grüne Ina Korter hielt den schwarzgelben Bildungsexperten wissenschaftliche Studien vor, die besagen, dass jedes dritte Kind eine falsche Schulempfehlung bekommt. Woraufhin Christa Reichwald, Bildungsexpertin der Linken, anmerkte, Schulpolitik werde in Niedersachsen eben nicht nach „erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen gemacht“, was FDP-Mann Björn Försterling mit dem Vorwurf der Gleichmacherei konterte. MQ