Schach: Handy verboten!

Bei den Dortmunder Schachtagen werden Metall- Detektoren eingesetzt, damit niemand schummelt.

Kramnik gegen den Schachcompupter. Wer schummelt? Bild: ap

DORTMUND taz Das Schachturnier in Dortmund hat Doping den Kampf angesagt. Es geht aber nicht um Aufputschmittel, sondern um Computer. Die können zwar deutlich schlechter als Epo gespritzt werden, aber weil Schachspieler findige Menschen sind, hat schon so manch einer mit technischem Beiwerk seiner bescheidenen Kombinationsgabe auf die Sprünge geholfen.

Beim Chess-Meeting in Dortmund gehen zwar ab Samstag (15 Uhr) acht Weltklasse-Großmeister an den Start, die über jeden Verdacht erhaben scheinen, ein Zeichen wollen sie aber dennoch gegen Betrug setzen. Die wichtigsten Veränderungen gegenüber anderen Topturnieren regte Wladimir Kramnik an. Bei seinem Lieblingswettbewerb, den der Weltmeister schon siebenmal gewonnen hat, werden die Züge der Koryphäen erst "mit 15 Minuten Verspätung im Internet übertragen". Das sei noch immer "wie live", erschwere Komplizen aber die Arbeit, sagt der in Paris lebende Russe.

Gauner konnten bisher in einem Hinterzimmer den gegnerischen Zug sofort in ein Programm einspeisen, berechnen lassen und die stärkste Antwort darauf "ihrem Chef" auf diversen Pfaden zukommen lassen. Doch in der viertelstündigen Verspätung geschehen bei durchschnittlich drei Minuten Bedenkzeit fünf weitere Züge, weshalb der Komplize stets hinterherhinken würde. Natürlich könnte sein Mann am Brett warten, er verlöre aber dadurch wertvolle Bedenkzeit.

Der Betrug gelänge nur, wenn er ausgetüftelter wäre - so wie beim ersten spektakulären Fall, der in die Schach-Annalen einging: Ende 1998 hatte der Kreisligaspieler Clemens Allwermann das Open-Turnier in Böblingen gewonnen. In ein gut verstecktes Handsprechfunkgerät tippte Allwermann die Züge seiner Kontrahenten ein. Die Antworten des Programms "Fritz" erhielt er dann von einem Handlanger über einen Mini-Ohrhörer zugeflüstert, der unter dem langen Haar versteckt war. Der Coup platzte nur, weil der amateurhafte Prahlhans in der letzten Runde im Siegesrausch Großmeister Sergej Kalinitschew ein "Matt in acht Zügen" angekündigt hatte - in komplizierter Stellung können das aber nur Computer wirklich exakt ermitteln.

Weil aber mittlerweile auch kleine Schachprogramme auf Handys und Handhelds dem Hirnschmalz wertvolle Hilfe leisten können, will Kramnik alle Geräte verbannen. Um über jeden Zweifel erhaben zu sein, werden der indische Weltranglistenerste Viswanathan Anand & Co. deshalb im Schauspielhaus vor jeder Runde mit einem Metall-Detektor untersucht. Als letzte Gefahrenquelle sieht Kramnik Zeichen aus dem Publikum. "Augenkontakt" sei jedoch einfach zu verhindern: helles Licht auf der Bühne, Dunkelheit unten auf den Zuschauerplätzen, dann seien alle Schatten von Betrugsversuchen vertrieben, glaubt der Weltmeister.

Wenn nun bei seinem "Heimspiel" in Dortmund alles mit rechten Dingen zugeht, sollte der russische Rekordsieger mit Anand um Platz eins kämpfen. Chancen rechnet sich ebenso der Ungar Peter Leko, 27, aus, der das Turnier bei 15 Teilnahmen zweimal gewann.

Gefährliche Außenseiter sind der 16-jährige norwegische Wunderknabe Magnus Carlsen und Schachrijar Mamedjarow, Weltranglistensechster aus Aserbaidschan. Boris Gelfand (Israel), der russische Meister Jewgeni Alexejew und der deutsche Champion Arkadij Naiditsch ergänzen das Klassefeld der Klötzleschieber. Der 21-jährige Lokalmatador hatte im Jahr 2005 ganz ohne elektronische Hilfsmittel das Dortmunder Chess-Meeting gewonnen. Es war damals eine kleine Sensation.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.