Kommentar: Ende der Symbolpolitik

Die Integrationspolitik der Bundesregierung ist auf dem falschen Weg. Wenn türkische Verbände dem Integrationsgipfel wie fernbleiben, ist das nur konsequent.

Zwei große Verbände der türkischstämmigen Einwanderer drohen damit, aus dem Integrationsgipfel der Bundesregierung auszusteigen. Das ist verständlich. Denn wenn sie ihre eigene Kritik an der Zuwanderungspolitik der Koalition ernst nehmen, setzt eine gemeinsame Abschlussveranstaltung mit Bundeskanzlerin Merkel und ihrer Integrationsbeauftragten Böhmer das falsche Zeichen. Diese Veranstaltung signalisiert: Die Bundesregierung ist integrationspolitisch auf dem richtigen Weg. Genau das ist sie aber nicht.

Das liegt nicht am Integrationsgipfel, der nämlich ist eigentlich ein guter Schritt. Erstmals hat das Bundeskanzleramt Migranten eingeladen, um mit ihnen in einer hochkarätig besetzten Runde aus Bund, Ländern und Kommunen zu debattieren. Mit ihnen, und nicht wie gewöhnlich nur über sie. Das allein dürfte positiv in die Milieus der Migranten ausstrahlen - und hoffentlich auch in die Mehrheitsgesellschaft. Schaut her, für die Kanzlerin sind Migranten gleichberechtigte Gesprächspartner. Jenseits dieser symbolischen Politik aber bietet sich ein anderes Bild. Fast alles, was die Bundesregierung seit dem ersten Integrationsgipfel im vergangenen Sommer beschlossen hat, wendet sich gegen die Zuwanderer, vor allem gegen die aus der Türkei. Das gilt besonders für die Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes: Mit der Gesetzesreform werden neue Hürden beim Familiennachzug und der Einbürgerung aufgebaut, die sich ganz gezielt gegen Türken richten. Einwanderer aus anderen Ländern wie den USA oder Australien werden explizit von einzelnen Maßnahmen ausgenommen. Die Nachricht ist klar: Migranten aus diesen Ländern wollen wir, die anderen sind unerwünscht. Darüber hat die Bundesregierung mit den Vertretern der Deutsch-Türken nicht debattiert.

In so einer Atmosphäre kann ein Integrationsgipfel nichts ausrichten. Kein Wunder also, dass die Eingeladenen sich missbraucht fühlen. Und richtig, dass sie dazu auf den Abschlussbildern des Integrationsgipfels nicht auch noch freundlich lächeln wollen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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