: Unis misstrauen dem Land
Die Eckpunkte der Föderalismusreform stoßen in Berlins Wissenschaftslandschaft auf Skepsis. Denn alle Macht beim Land hat auch ihren Preis. Eine erste Einschätzung
Auf den Politikfeldern Hochschule und Bildung sollen künftig die Zügel fast ausschließlich den Ländern überlassen werden. Darauf einigten sich Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen zur Föderalismusreform. Unter Berliner Wissenschaftspolitikern und Hochschulen sieht man dies allerdings mit gemischten Gefühlen.
Aufgrund der neuen Freiheiten könnten sich einerseits die Berliner Universitäten schärfer gegeneinander profilieren. Anderseits fürchten Unis den Rückzug des Bundes, vor allem in puncto der finanziellen Mittelvergabe.
Einig ist man sich, dass durch den Wegfall einer gemeinsamen Bildungsplanung – wie bisher durch die Bund-Länder-Kommission geschehen – die Bildungsstandards etwa zwischen Berlin und Bayern weiter auseinander fallen würden. „Auch im europäischen Konzert der Bildungspolitik verlören wir mehr und mehr an Gewicht“, schätzt der Präsident der Freien Universität, Dieter Lenzen.
Positiv auf die Berliner Hochschulen könnte sich dagegen die Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes auswirken. „Statt durch einen nationalen Zwangsrahmen einen Einheitsbrei zu schaffen, könnten sich die Universitäten endlich schärfer voneinander abgrenzen“, sagt Lenzen, „etwa durch eine stärkere internationale Ausrichtung bei der einen oder einer verstärkten Nachwuchsförderung bei der anderen.“
Am gravierendsten wirkt sich die Kompetenzverlagerung auf die Länder aber bei der Verteilung von HBFG-(Hochschulbauförderungsgesetz-)Mitteln für universitäre Bauten und Forschungsgeräte aus. Bisher entschied der beim Bund angesiedelte Wissenschaftsrat über einzelne Anträge aus den Ländern. Die Investitionsmittel wurden dann zu 50 Prozent vom Bund, zu 50 Prozent vom Land bereitgestellt. Nun fällt der Hochschulbau allein in die Hände der Länder. Der Bund überweist ihnen dafür pauschal 70 Prozent seiner bisherigen Mittel.
Insgesamt will der Bund seine Mittel also um 30 Prozent kürzen. Aber nicht nur das bereitet in der Hauptstadt Kopfschmerzen: „Ein finanzschwaches Land wie Berlin wurde in der Praxis bei der Vergabe der Mittel in der Vergangenheit gut bedient, da der Bund auch strukturpolitisch steuerte“, erklärt Bert Flemming, wissenschaftspolitischer Sprecher der Berliner SPD. Länder wie Bayern und Baden-Württemberg hatten deshalb diese Praxis kritisiert. Durch die Neuregelung würde die strukturpolitische Verteilung nun entfallen. „Für Berlin ist das kein Grund zur Freude“, sagt Flemming. Und an der FU befürchtet man zudem, dass die Länder zwar die HBFG-Mittel vom Bund einsacken, sie aber für etwas anderes verwenden könnten, da sie haushaltstechnisch nicht zweckgebunden seien. Tina Hüttl