Kommentar: Im Schwitzkasten der Weltmächte

Russland verweigert dem Kosovo aus "prinzipiellen Gründen" die Unabhängigkeit, die USA verspricht sie ihm. Ohne eine UN-Resolution wird es keine Stablität in der Region geben.

Schon oft in der Geschichte sind die Völker des Balkans unter die Räder der Weltmächte geraten. Jetzt spielt sich Russland als Schutzmacht des internationalen Rechts auf und verweigert dem Kosovo aus "prinzipiellen Gründen" die Unabhängigkeit, solange die Zustimmung Serbiens fehlt. Die USA dagegen beteuern feierlich, dem Kosovo bis zum Jahresende die versprochene, nach langjähriger serbischer Unterdrückung "verdiente" Selbstständigkeit zu schenken. Tatsächlich droht das Kosovo zum Kollateralschaden des diplomatischen Ringens zwischen Moskau und Washington zu werden, die sich über die wirklich wichtigen Fragen nicht einigen konnten: den geplanten US-Raketenschild etwa oder die Ratifizierung des Abkommens über konventionelle Streitkräfte in Europa.

Während die Europäer mehr oder weniger ratlos zuschauen, sind Russland und die USA ohne weiteres bereit, eine Dauerkrise in Kauf zu nehmen - dort, wo es sie selbst am wenigsten schmerzt, nämlich auf dem Westbalkan. Ohne eine Kosovo-Resolution des UN-Sicherheitsrats, die Moskau blockiert, wird es keine Stabilität in der Region geben. Die Kosovo-Kontaktgruppe, die die Vermittlung zwischen Belgrad und Prishtina übernehmen wird, kann nicht über den völkerrechtlichen Status der südserbischen Provinz bestimmen. Somit wird die unilaterale Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo einzelnen Staaten überlassen werden.

Belgrad hat schon angedeutet, jegliche einseitige Anerkennung des Kosovo als einen "feindlichen Akt" zu betrachten, was unabsehbare Folgen auf die Beziehungen mit westlichen Staaten haben könnte. Vor allem die Nachbarstaaten, die enge bilaterale und wirtschaftliche Beziehungen mit Serbien pflegen, bringt das heftig in Verlegenheit.

Obwohl Belgrad das als einen diplomatischen Erfolg feiert, steckt es in der Zwickmühle. Der Status des Kosovo bleibt formal ungeregelt, de facto ist die Region unabhängig und wird seit 1999 von der UN verwaltet; Serbien ist wirtschaftlich vom Westen abhängig und sucht den Anschluss an die EU. Nur um den Anschein der territorialen Integrität zu bewahren, könnte Serbien, durch die Unterstützung Russlands ermutigt, seine europäische Perspektive verspielen.

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