: Wasserspiele der Technokraten
Mit dem Wasser-Management im Indus-Delta wollte die Weltbank die Grüne Revolution auslösen. Ohne Einbezug der lokalen Bevölkerung. Ein ökologisches Desaster, so Kritiker.
Das Wasser-Management am Indus war ein großtechnischer Versuch der Weltbank. Die Technokraten wollten damit die grüne Revolution in Pakistan auslösen und so die Nahrungsbasis in dem Land sicherstellen. Der Bau des Entwässerungssystems des "Left Bank Outfall Drain" zur Entwässerung des Bodens und um das Salzwasser aus den Grundwasserschichten zu pumpen, gehen wesentlich auf ihr Konto. Die Weltbank ist auch verantwortlich für die notwendig gewordenen Korrekturen, das Entwässerungsprogramm des "National Drainage Program". Heute erweisen sich beide als "technisch und ökologisch fragwürdige Lösungen", sagt Ann-Kathrin Schneider vom International Rivers Network (IRN).
Denn beide Programme waren, wie die Bewohner des Deltas immer wieder klagen, einseitig auf den Wasserbedarf der Bauern am Oberlauf ausgerichtet. Was mit dem Wasser - auf seinem langen Weg bis ins Delta mit Düngemitteln und hohem Salzgehalt angereichert - am Unterlauf geschah, wurde vernachlässigt. Inspektoren der Weltbank, die vor einem Jahr die Konzeption und Durchführung des von der Bank finanzierten Projekts untersucht haben, sind zu demselben Schluss gekommen: Die Folgen für Böden und Vegetation im Ausflussgebiet wurden sträflich vernachlässigt. Der Bau eines 42 Kilometer langen Kanals über den Point Zero, den früheren Endpunkt des Entwässerungskanals, hinaus sei auch deshalb ein Fehlgriff gewesen, weil er den Anstieg des Meeresspiegels und damit den Einfluss von Meerwasser in das Delta unterschätzte.
Noch heftiger kritisiert die Weltbank-Kommission aber den technokratischen Ansatz des Projekts, der die Beteiligung und Information der lokalen Bevölkerung ignoriert hat. Dies wirkt sich in Pakistan besonders drastisch aus. Denn mit seiner Obrigkeitstradition von Feudal- und Militärherrschaft weist das Land ohnehin eine unterentwickelte demokratische Struktur und eine schwache Zivilgesellschaft auf. Statt diese zu fördern, ließ die Bank es zu, dass der Staat ohne Beratungen Kanäle, Pumpen und Stauwehre angelegt hat. Die stolz dreinschauenden Bauern am Nullpunkt des Kanals sind in Wirklichkeit gedemütigte Objekte einer Entwicklung von oben. Selbst beim Aktionsprogramm, das die Weltbank nach der Flutkatastrophe von 2003 eilig konzipiert hat, um die Fehler der früheren Ansätze zu beheben, wurden die Bauern nicht einbezogen. Einzig die Zivilgesellschaft in Form von Hilfsorganisationen wie IRN und ActionAid kann die Stimmen der lokalen Bevölkerung bei der Weltbank in Washington zu Gehör bringen.
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