Tischtennis: Liga der Langeweile

Mit seinen Neuzugängen wird Borussia Düsseldorf zum "FC Bayern des Tischtennis". Obwohl das nicht sehr spannend wird, sind alle Spiele live im Internet zu sehen.

Freut sich auf eine langweile Saison: Jörg Roßkopf. Bild: dpa

BERLIN taz "Schade, dass es ausgerechnet jetzt so langweilig wird, wenn alle Bundesliga-Spiele live übertragen werden", bedauert Tischtennis-Rekordnationalspieler Jörg Roßkopf. Der 38-Jährige sieht durch die 96 Partien im Internet-TV und einer halbstündigen Spieltagszusammenfassung dienstags (14 Uhr) im DSF "Gutes entstehen". Weniger behagt dem vom finanziell gebeutelten TTV Gönnern nach Jülich wechselnden Roßkopf indes der drohende Alleingang an der Spitze. "Solch eine Mannschaft hat Borussia Düsseldorf noch nie gehabt", sagt der ehemalige Doppel-Weltmeister mit Blick auf seinen früheren Klub.

Der Vorjahresdritte rüstete beispiellos auf. Zum einen erlag Timo Boll dem langjährigen Werben des Renommierklubs. Der 26-jährige Weltranglistenvierte verließ seinen um ihn herum schon zu Kindesbeinen aufgebauten TTV Gönnern. Ein ähnliches Modell gab es beim Absteiger TSV Tündern mit Dimitrij Ovtcharov. Der 19-jährige EM-Dritte im Einzel schloss sich ebenso Düsseldorf an. Weil Bolls Doppelpartner Christian Süß bereits beim "FC Bayern des Tischtennis" spielte, haben die Borussen nun den Nationalmannschaftsstamm des Europameisters in ihren Reihen. Titelverteidiger TTC Frickenhausen und Vizemeister TTC Grenzau, der heute gegen Bremen die Saison eröffnet, scheinen chancenlos.

"Wer soll eine Mannschaft schlagen, in der der Weltranglisten-24. Petr Korbel auf Position vier steht", fragt Roßkopf rein rhetorisch, "in jedem anderen Klub wäre er Spitzenspieler." In Düsseldorf muss der Tscheche froh sein, überhaupt noch im Viererteam zu stehen. Außer dem überragenden Boll verzeichneten auch die in der Weltrangliste tiefer als Korbel notierten Süß (Nr. 40) und Ovtcharov (Nr. 30) positivere Bilanzen im vorderen Paarkreuz der Bundesliga. Und die Resultate des bisher auftrumpfenden 18-jährigen Japaners Jun Mizutani muss Korbel im hinteren Paarkreuz erst einmal übertreffen. Der sonst so zurückhaltende Boll räumt nach kurzen Bedenken - "Was heißt langweilig? In den Playoffs kann alles passieren" - dann doch ein: "Meisterschaft und Pokal wollen wir schon holen." Ovtcharov assistiert: "Alle jagen uns. Platz zwei wäre dennoch eine Enttäuschung." Lediglich in der Champions League sehen sie das nationale Dream Team nicht in der Favoritenrolle.

"Da sind wir hinter Titelverteidiger Charleroi und Niederösterreich nur an Position drei gesetzt", sagen die beiden stärksten deutschen Pingpong-Asse unisono. Was nicht heißen soll, dass die Borussia das Triple vorzeitig abschreibt. "Mit Gönnern haben wir gezeigt, dass das Unerwartete eintreten kann", ergänzt Boll, der den Außenseiter zweimal zum Europapokalsieg geführt hatte.

Der mit einem sechsstelligen Rekord-Salär geköderte fünffache Europameister sieht mehrere Vorteile durch seinen Wechsel. "Zum einen kann ich mich mit Christian Süß mehr im Doppel einspielen. Zum anderen brauche ich nicht wie in Gönnern ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich mal pausiere." Boll möchte sich auf seine internationalen Aufgaben, besonders Gold 2008 im Tischtennis-Mekka Peking, konzentrieren. Das ist angesichts des Düsseldorfer Kaders kein Problem. Der hinter Süß an drei gemeldete Ovtcharov geht davon aus, dass er "etwa die Hälfte der Spiele im vorderen Paarkreuz bestreitet". Der Jungstar aus Hameln findet die Live-Übertragungen im Internet durch die Firma Contenthouse genauso "cool" wie die künftigen Zuschauerzahlen bei seinem neuen Verein. Die Borussen ziehen am Samstag aus dem neuen Deutschen Tischtenniszentrum in eine größere Halle um, denn gegen die schwedischen Altstars Jan-Ove Waldner und Jörg Persson vom TTC Fulda-Maberzell dürfte die Bestmarke von 4.800 Zuschauern pulverisiert werden. Für den Bundesliga-Rekord hatte Timo Boll gesorgt - als er noch als Gegner in Düsseldorf auftrat.

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