Kommentar: Die Öffentlichkeit als Geisel

Der Staat wird schon helfen, wenn die riskanten Spekulationsgeschäfte schiefgehen, denken sich die Privatbanker. Ein solches Verhalten schreit nach nationalen Regularien für den Finanzmarkt.

"Too big to fail" - zu groß, als dass eine Pleite zugelassen werden könnte. Die deutschen Banken verlassen sich offenbar voll und ganz auf diesen Status. Mit riskanten Spekulationsgeschäften lassen sich viel höhere Gewinne erzielen als mit klassischen Bankgeschäften und konservativen Anlagen. Allerdings auch viel höhere Verluste. Aber egal: Wenns schiefgeht, werden schon der Staat und die übrigen Banken einspringen. Zu groß ist ihr Interesse, eine Finanzkrise zu vermeiden, die alle in Mitleidenschaft ziehen würde. Auf diese Weise nehmen die zockenden Banker die gesamte Öffentlichkeit gewissermaßen als Geisel.

Und das mit Erfolg. Erst sprang die KfW-Bank, hinter der niemand anderes als die öffentliche Hand steht, mit einer Notfall-Kreditlinie von 8,1 Milliarden Euro ein, als sich die IKB-Bank auf dem Markt für gering besicherte und damit hoch riskante US-Hypotheken verspekuliert hatte. Nun stehen die öffentlich-rechtlichen Sparkassen der Landesbank Sachsen mit bis zu 17,3 Milliarden Euro bei. Das Land Sachsen stellt sich als Bürge dahinter - für eine Summe, die den gesamten Jahreshaushalt des Freistaats übertrifft. Die Finanzaufsichtsbehörde lehnt sich erleichtert zurück, weil alles so schön reibungslos wieder ins Lot gebracht wurde.

Aber ist es wirklich die vornehmste Aufgabe von öffentlichen Finanzinstituten und der öffentlichen Hand, Spekulanten jederzeit unter die Arme zu greifen - ohne irgendwelche Gegenforderungen? Zu keinem Zeitpunkt waren strengere Auflagen im Gespräch, etwa dass die Banken künftig ihre riskanten Deals wenigstens nicht mehr über ausländische Zweckgesellschaften abwickeln, außerhalb der Kontrolle der deutschen Finanzaufseher. Das Signal, das solche schnellen und bedingungslosen Milliardenhilfen den Banken vermitteln: Macht nur weiter wie bisher, macht Profite auf eigene Rechnung und Verluste auf öffentliche!

Dabei wäre der Staat gut beraten, sich verstärkt Gedanken zu machen, wie die offensichtlich außer Kontrolle geratenen Finanzinstitute wieder unter nationale Fittiche gebracht werden können. Damit ihre Verluste nicht eines Tages zu groß werden, als dass die öffentliche Hand eine Finanzkrise noch verhindern könnte.

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