TV-Gebühren Urteil: Doppelte Freude für die Öffentlichen

Das Verfassungsgericht rüffelt die Politik und stärkt die Öffentlich-Rechtlichen: Die Begrenzung der Rundfunkgebühren durch die Länder war unzulässig.

Das Bundeverfassungsgericht gibt der Klage der Öffentlichen statt Bild: dpa

KARLSRUHE taz Das Bundesverfassungsgericht hat ARD und ZDF gestern gleich doppelt erfreut. Zum einen gab es der Klage der Rundfunkanstalten gegen die letzte Festsetzung der Rundfunkgebühren überraschend statt. Zum anderen erhielten die Sender auch eine "Entwicklungsgarantie" für neue Verbreitungsformen, etwa im Internet.

Konkret ging es um die letzte Erhöhung der Rundfunkgebühren 2004/2005. Damals hatte die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) eine Erhöhung der Gebühren um 1,09 Euro empfohlen. Doch die Länder genehmigten nur eine Anhebung um 88 Cent - auf jetzt 17,03 Euro pro Monat. ARD und ZDF fanden, dass die Erhöhung aus "sachfremden" Gründen zu gering ausgefallen ist, und klagten.

Das Gericht nutzte die Klage, um zu erklären, dass die Rundfunkgebühr dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Programmgestaltung "unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen" ermöglichen soll. Bei der Festsetzung der Rundfunkgebühren bekräftigte das Gericht das 1994 von ihm vorgeschlagene und seither praktizierte 3-Stufen-Modell. In der ersten Stufe können die Rundfunkanstalten ihren Finanzbedarf anmelden. In der zweiten Stufe prüft die mit Sachverständigen besetzte KEF, wie viel Geld die Sender tatsächlich brauchen. Abschließend handeln die Länder einen Staatsvertrag zur Gebührenfestlegung aus, der von den Landtagen ratifiziert werden muss.

Nach wie vor dürfen die Länder im Wesentlichen nur aus sozialen Gründen von der KEF-Empfehlung abweichen - um die Belastung der Gebührenzahler im Rahmen zu halten. Zwar hatten die Länder auch 2005, als sie die KEF-Vorgaben absenkten, mit Arbeitslosenzahlen, stagnierenden Löhnen und Renten argumentiert. Hätten sie es dabei belassen, wäre wahrscheinlich auch alles in Ordnung gewesen. Um sich abzusichern, brachten die Ministerpräsidenten aber noch weitere Begründungen vor, die Karlsruhe jetzt als unzulässig einstufte. So machten sie weitere Sparpotenziale und Mehreinnahmen bei ARD und ZDF geltend, die die KEF nicht gesehen hatte. Eine solche Korrektur der KEF-Zahlen hält Karlsruhe aber nur bei "offensichtlichen Fehlern" für zulässig.

Völlig unzulässig waren jedenfalls Ausführungen der Ministerpräsidenten zum "Wettbewerb der Medien". Die Richter erinnerten daran, dass medienpolitische Überlegungen bei der Gebührenfestlegung keine Rolle spielen dürfen. Nähere Vorgaben zum Programmauftrag oder zur Stärkung des Privatfunks müssten die Länder über Gesetze und Staatsverträge und nicht über die Gebührenschraube umsetzen.

Die verfassungswidrigen Begründungen der Länder haben für die Gebührenzahler allerdings keine Auswirkung. Weder ist die Gebührenerhöhung nichtig, noch muss sie neu ausgehandelt werden, da ab 2009 ohnehin schon neue Gebührensätze gelten sollten. Den Sendern bleiben deshalb nur ein Prestigeerfolg und die Hoffnung, dass die Länder das nächste Mal wieder die KEF-Empfehlung akzeptieren.

Wichtiger dürfte die eher versteckte "Entwicklungsgarantie" für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein. Er dürfe nicht auf den gegenwärtigen Stand "in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden". Ausdrücklich erwähnt werden dabei "neue Verbreitungswege", ohne allerdings das Internet ausdrücklich zu nennen. SPD-Chef Kurt Beck (SPD) zeigte sich von diesen Passagen geradezu "begeistert", obwohl er als Mainzer Ministerpräsident den Prozess eigentlich verloren hatte. Jetzt sei für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der "Weg ins digitale Zeitalter gesichert", sagte er gestern.

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