die wahrheit: Sozialdemokratisches Überzeugungs-Alzheimer

Wenn es die SPD nicht schon gäbe, müsste man sie erfinden. Die parteigewordene Inkonsequenz ist ein herzwärmender Trost für jeden Diätbrecher...

Wenn es die SPD nicht schon gäbe, müsste man sie erfinden. Die parteigewordene Inkonsequenz ist ein herzwärmender Trost für jeden Diätbrecher, heimlich qualmenden Nichtraucher und katholischen Priester mit Haushälterinnen-Liebschaft. Das Credo der "alten Tante", die inzwischen eher eine Oma mit Überzeugungs-Alzheimer ist, scheint zu lauten: Das eine lautstark verkünden und dann habituell das andere tun.

Aber es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen Privatleben und Politik. Im Zwischenmenschlichen ist nichts schlimmer als Prinzipienreiterei. In der Politik muss man schon ein Mindestmaß an Konsequenz an den Tag legen, wenn man nicht vollkommen unglaubwürdig erscheinen und in Sachsen mit acht Prozent hinter die NPD rutschen möchte.

Die einzige konsequente Handlung der SPD in den letzten Jahren war die Entscheidung für Kurt Beck als Parteivorsitzenden. Eindrucksvoll führt der rheinlandpfälzische Problembär immer wieder vor, wie es aussieht, wenn jemand versucht, sich den Pelz zu waschen, ohne dabei nass zu werden. Zum Beispiel so: Einerseits öffentlich einen Arbeitslosen anpöbeln, aber dann den "demokratischen Sozialismus" ins Grundsatzprogramm schreiben lassen. Wahnsinn! Was so alles geht, wenn man sich nur traut. Gleichzeitig Spießer-Ressentiments bedienen und linksutopistisch sein - das kann sonst nur Lafontaine.

Ähnlich durchsichtig ist die Rolle der Bundesjustizministerin Zypries in der aktuellen Antiterrorhysterie. Wenn Schäuble und Jung eine irre Idee nach der anderen generieren, kritisiert das Frau Zypries zunächst halbherzig, um dann den Unionspanikern hurtig hinterherzuhecheln, damit die SPD nicht als Terroristenkumpel dasteht. So will Zypries nun doch Menschen, die "zur Vorbereitung eines Anschlages" ein "Terrorlager" besuchen, mit bis zu zehn Jahren Haft bestrafen. Mal abgesehen davon, wie Frau Zypries die Terrorabsicht beweisen will (Lieb fragen? Hirn röntgen? Foltern?): Ist es denn so schwierig, dazu zu stehen, dass man in einem Rechtsstaat Leute nicht präventiv für etwas bestrafen darf, was sie eventuell in der Zukunft tun könnten? Entweder begeht jemand eine Straftat - und dazu gehört auch heute bereits die beweisbare Vorbereitung eines Anschlages -, oder er begeht sie nicht. Im ersten Fall ist es wurscht, ob er sich vorher im Handgranatenschmeißen hat schulen lassen, und im zweiten Fall muss man ihn in Ruhe lassen, selbst wenn er in Pakistan seine Grundausbildung gemacht hat.

Übrigens könnte man sich die Fertigkeiten für einen handelsüblichen Terroranschlag auch in anderen Ländern aneignen. In Deutschland zum Beispiel. Wer garantiert eigentlich, dass unter den deutschen Wehrpflichtigen und Zeitsoldaten nicht massenweise eingebürgerte oder konvertierte Islamisten sind, die sich nur an der Panzerfaust ausbilden lassen, um bei Gelegenheit ein ordentliches Massaker anzurichten? Die ganz Pfiffigen gehen gleich zum Kommando Spezialkräfte und absolvieren den Sonderlehrgang "Sprengen KSK", um dann anschließend das "Combat-Schießen unter Stressbedingungen" (O-Ton Bundeswehr-Homepage) zu erlernen. Wenn schon Paranoia, dann richtig!

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.