Frauen-Fußball: Kein feministischer Sieg

Der Erfolg des Frauenfußballs ist kein Erfolg der Frauenbewegung. Aber er beflügelt junge Frauen, findet Fußballautorin Nicole Selmer.

"Nicht vergleichbar mit Männerfußball", meint Nicole Selmer. Bild: dpa

taz: Frau Selmer, Sie haben ein Buch über den Fußball und die Frauen geschrieben. Die deutschen Frauen haben den WM-Titel gewonnen - zum zweiten Mal. Treten Birgit Prinz und die anderen jetzt aus dem Schatten der Ballacks und Kahns?

Nicole Selmer: Sorry, ich finde schon die Frage falsch. Das bringt überhaupt keinen Mehrwert an Information, wenn man ständig den Vergleich mit dem Männerfußball zieht. Die Entwicklung des Frauenfußballs in den letzten Jahren ist beeindruckend. Aber er ist nicht vergleichbar mit dem Männerfußball. Der WM-Sieg 1954 wurde zum Gründungsmythos der Republik, der Job des Bundestrainers rangiert in der öffentlichen Wahrnehmung gleich hinter dem der Kanzlerin - und Männerfußball ist ein Megageschäft. Das kann und soll man nicht vergleichen.

Männer bekommen 100.000 Euro für einen 3. Platz, Frauen nur 50.000 als Champions. Ist das ein erneuter Beweis patriarchalischer Verhältnisse?

Klar, insofern ja auch die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern bei uns sehr groß ist. Gegenüber dem berühmten Kaffeeservice von 1989 ist das aber schon ein großer Fortschritt. Ich finde aber diese Vermischung der analytischen Ebenen problematisch. Der Erfolg des Frauenfußballs ist kein Erfolg der Frauenbewegung, auch wenn der Blick auf die skandinavischen Länder das suggerieren mag, à la "Gleichberechtigte Frauen kicken besser". Die Analogie hinkt schon, wenn ich in die Niederlande oder nach Finnland gucke. In Brasilien, ja, dort hätte ein Sieg wirklich etwas bewirken können. Kein Reporter war da, um Marta und Christiane anzuschauen.

Also ein WM-Sieg ohne Effekt?

Nein, das nicht. Schauen Sie, meine Nichte hat zusammen mit ihren D-Mädchen vom FC Ohmstede das Spiel gesehen. Für die ist es toll, dass sie Fußball spielen - den angeblich harten Männersport. Und ein WM-Titel pusht ihr Selbstbewusstsein. Aus feministischer Sicht wäre es aber noch viel wichtiger, wenn in der Funktionärsriege, die die Medaillen verteilt, mal ein paar Frauen auftauchen würden.

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