Joschka Fischer: Die Playback-Show

Joschka Fischer, 59, ließ lange nichts von sich hören. Jetzt meldet er sich mit seinen Memoiren zurück - und erzählt, wie schwer er es hatte bei den Grünen.

Der letzte Rock'n Roller: Joseph Fischer Bild: dpa

Vor zwei Wochen, da wollten die Grünen sich mal wieder von ihm trennen. Mit ihrem Beschluss auf dem Afghanistan-Sonderparteitag hatten sie gerade Joschka Fischers politisches Baby "Auslandseinsätze" aus dem Kinderwagen geschubst, noch bevor es so richtig laufen konnte. Von der "Beerdigung" ihres Ex-Frontmanns war nach Göttingen die Rede gewesen, von der "Aufarbeitung" seines "Systems".

So leicht kommen die Grünen ihm nicht davon. Schon gar nicht mit einem läppischen Parteitag. Wer sich hier von wem trennt, und wer hier die Aufarbeitung seiner politischen Entscheidungen vorantreibt, bleibt ja wohl immer noch ihm überlassen. Ruhestand hin oder her.

Ungefähr so lassen sich die Fischer-Wochen deuten, in denen wir jetzt mitten angekommen sind. Ihren Anfang bildet besagter Parteitag und ihr vorläufiges Ende seine am Donnerstag erscheinende Bilanz "Die rot-grünen Jahre". Ungefähr so lässt sich auch erklären, warum Fischer in der heutigen Ausgabe des Magazins Spiegel mit seiner Partei so schrecklich undankbar umgeht, dass man sich um den ohnehin angekratzten Seelenzustand der Partei erst recht sorgen muss.

Am Ende, lesen wir in dem Interview, sei er "einfach nur noch müde" gewesen, und zwar so müde, dass er "nur noch wegwollte". Erschöpft habe er sich gefühlt von diesem ewigen "Kampf zwischen Illusionen und Realität", ermüdet von den "Diskussionen mit Leuten, die manchmal kaum wissen, worüber sie reden". Kein Wunder also, dass er sich den Sonderparteitag gar nicht erst anguckte: "Das liegt hinter mir. Die Tür ist zu."

Zur Partei schon, das zeigt er im Interview mit jedem Satz. Zur Weltpolitik noch lange nicht. In den Dimensionen von "Hegemonie", "Konfliktkonstellation" und "Außenwirtschaftspolitik" bewegt sich der 59-Jährige noch immer mit Elan, wenn auch nicht unbedingt nach basisgrünem Gusto. Den Westen mahnt er, mit Blick auf den Iran und seinen Nuklearambitionen geschlossen und "energisch auf eine wirtschaftliche Isolierung hinzuarbeiten". Die Bundesregierung rügt er, der Bitte um Hilfe im Süden Afghanistans nicht nachgekommen zu sein: "Da hätte Deutschland, bei allen Risiken, etwas tun müssen." Ach ja, an seinen eigenen politischen Entscheidungen und Vorstößen gebe es übrigens auch im Rückblick eigentlich nichts zu kritisieren.

Auch wenn manch Grüner es jetzt erst recht hoffen mag: Gänzlich abtauchen und die Partei loslassen wird Fischer auch nach Erscheinen seiner Memoiren nicht. Denn bald schon folgt ein zweiter Teil. Darin geht es um Afghanistan, Irak, die Agendapolitik - und um seinen Abgang.

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