Rundfunkgebühren: Länder vor der Modellwahl

Die Ministerpräsidenten beraten über Alternativen zum bestehenden System der Rundfunkfinanzierung. Keines der Modelle steht vor unüberwindlichen rechtlichen Hürden - eher vor politischen.

Nach Ende der Debatte wird GEZahlt wie eh' und je Bild: dpa

Am Freitag wollen die Ministerpräsidenten der Länder verkünden, ob die Rundfunkgebühren in der bisherigen Form bestehen bleiben. Gestern und heute debattieren sie in Hessen über ein Papier der von ihnen eingesetzten "AG Zukunft der Rundfunkgebühren", das für die Zeit ab 2013 mehrere Alternativen aufzeigt.

Heute: Die Gerätegebühr

Im Vorjahr erhielten ARD, ZDF und Deutschlandradio rund 7,3 Milliarden Euro Rundfundgebühren. Die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring spielen mit 300 Millionen Euro eine untergeordnete Rolle. Heute zahlt jeder, der ein Fernsehgerät besitzt, 17,03 Euro pro Monat an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Wer nur ein Radio hat, zahlt 5,52 Euro. Im Januar wird die "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF) eine Erhöhung der TV-Gebühr auf wohl 17,96 Euro vorschlagen.

Den Ministerpräsidenten geht es heute aber nicht um die Höhe der Rundfunkgebühren, sondern darum, woran sie anknüpft und wie sie eingetrieben wird. Die Alternativmodelle setzen nicht mehr am Rundfunkgerät an, weil ohnehin 98 Prozent der Bevölkerung über ein solches verfügen. Da könne man sich den Aufwand sparen, den Besitz im Einzelfall nachzuweisen, so die Überlegung. Die GEZ beschäftigt 1.100 Mitarbeiter in Köln und 1.800 "Rundfunkbeauftragte" im Außendienst, die auf Provisionsbasis arbeiten.

Gegen das Ansetzen am Gerät spricht auch die technische Entwicklung. So wurden 2007 internetfähige PCs in die Rundfunkgebühr einbezogen, weil mit ihnen auch Rundfunk empfangen werden kann - was aber zu Akzeptanzproblemen führte. Betroffen waren hiervon vor allem Freiberufler, die in ihrem Büro einen Computer, aber weder Fernseher noch Radio haben.

Vier Alternativmodelle zur klassischen Rundfunkgebühr liegen den Ministerpräsidenten jetzt vor: eine Kopf- und eine Wohnungspauschale sowie zwei Steuer-Modelle. Bei einer Kopfpauschale, von der FDP ins Spiel gebracht, müsste zum Beispiel jeder Verdiener 9 bis 11 Euro bezahlen. Für Singles würde Fernsehen billiger, für Familien mit volljährigen Kindern oder WGs würde es teurer.

Bei der zweiten Alternative, der Wohnungspauschale, einer Idee der Grünen, wären die Folgen genau umgekehrt. Hier würden Familien und WGs entlastet, während Single-Haushalte relativ stark belastet würden. Bei beiden Modellen müsste noch geklärt werden, ob und wie die Wirtschaft, die derzeit rund 700 Millionen Euro zu den Gebühren beiträgt, einbezogen wird.

Die anderen beiden Modelle sehen eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über Steuern vor. Entweder es würde eine neue Rundfunksteuer eingeführt oder es müssten bestehende Steuern erhöht werden. Um den Finanzbedarf der Sender zu decken, müsste etwa die Mehrwertsteuer um rund ein Prozent angehoben werden.

Allerdings stellen sich bei allen vier Modellen auch rechtliche Probleme. So wird an Kopf- und Wohnungspauschale kritisiert, dass hier zunächst auch Personen einbezogen werden, die weder Fernseher noch Radio noch Computer besitzen. Diese müssten sich befreien lassen können, da ihnen die Leistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gar nicht zugutekommen kann. Auch das würde für Bürokratie sorgen, denn vermutlich würden mehr Menschen eine Befreiung verlangen, als tatsächlich Rundfunk-abstinent sind. Wenn jemand nur Privatfernsehen oder nur ausländische Sender anschaut, entsteht daraus aber kein Anspruch auf Gebührenbefreiung, wie das Verfassungsgericht mehrfach entschieden hat.

Bei einer Steuerlösung würde sich das Befreiungsproblem nicht stellen. Hier müsste jeder für die öffentliche Aufgabe Rundfunk bezahlen, weil es der Gesetzgeber so will. Statt der GEZ würde dann das Finanzamt aktiv. Viele sehen hier aber die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage gestellt, die das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat. Dieses Problem scheint aber lösbar, wenn die Höhe der Steuer, entsprechend der heutigen Regelung, staatsfern von der KEF festgelegt würde. Manche wittern bei einer Steuerlösung auch Probleme mit der EU-Kommission, die darin eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe sehen könnte. Das ist aber ein Scheinproblem, weil die EU auch heute schon bei den Rundfunkgebühren genau prüft, ob diese nur im Interesse des öffentlich-rechlichen Auftrags verwendet werden.

Es gibt also keine unüberwindlichen juristischen Hindernisse für einen Systemwechsel. Allerdings gibt es auch keine rechtliche Notwendigkeit, das bisherige Gebührensystem abzuschaffen. Falls sich die Ministerpräsidenten also nicht einigen, bleibt alles, wie es ist. Und dafür spricht doch so manches.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.