Windows-Bußgeld wirkt: Microsoft gehorcht EU

Nach dem Rekordbußgeld von fast 500 Millionen Euro wegen Wettbewerbsverstößen spurt Microsoft plötzlich: Protokolle für Windows werden nun offengelegt, Gebühren gesenkt.

Big Brother gibt Einblicke. Bild: dpa

BERLIN taz Der Softwareriese Microsoft kommt Forderungen der EU-Kommission nach, sein marktbeherrschendes Betriebssystem Windows stärker für die Konkurrenz zu öffnen. Wie die europäische Behörde am Montag in Brüssel mitteilte, sei es ihr gelungen, sicherzustellen, dass der Konzern erste Teile seiner "Verpflichtungen im Rahmen der Entscheidung von 2004" erfülle. Damals hatte die Kommission Microsoft in einem Wettbewerbsverfahren dazu aufgefordert, sein Windows Server-System Wettbewerbern besser zugänglich zu machen. Der Konzern legte daraufhin Berufung ein, verlor dann aber vor vier Wochen vor dem EU-Gerichtshof in erster Instanz. Auch das Rekordbußgeld in Höhe von fast 500 Millionen Euro wurde bestätigt.

Zu den durchgesetzten Maßnahmen gehört unter anderem die Änderung der Bedingungen, zu denen Microsoft technische Details gegenüber anderen Software-Anbietern offenlegen muss. Dies ist nötig, damit diese zum Windows Server-Betriebssystem kompatible Programme und Netzwerkprotokolle schreiben können. Laut der EU-Kommission gab der Softwarekonzern hier bei der Öffnung wichtiger Protokoll- und Schnittstellendaten nach. So dürften künftig auch Entwickler von Open-Source-Programmen, bei denen der Quellcode jedermann zugänglich ist, auf Microsofts Informationen zugreifen. Die dazu notwendigen Lizenzbedingungen würden entsprechend geändert. Auch kommt es zu einer Verbilligung bei den Lizenzgebühren und zu insgesamt zwei neuen Lizenzmodellen - darunter auch eines, das ohne die Nutzung von Microsoft-Patenten auskommt.

Entwickler können damit nun gegen eine einmalige Gebühr von 10.000 Euro die notwendigen technischen Details erwerben, hieß es von der Kommission. Falls eine externe Softwarefirma doch auf Microsoft-Patente zugreifen muss oder will, hat Microsoft die Gebühren auf etwa sieben Prozent des bislang verlangten Preises reduziert. Die EU-Kommission betonte, sie behalte sich vor, gegen die bisher erhobenen Lizenzgebühren Microsofts ein weiteres Bußgeld zu verhängen. Noch habe der Softwarekonzern zudem nicht alle Auflagen im Wettbewerbsverfahren erfüllt. Sollte dies nicht bald erfolgen, könne die Kommission auch tägliche Strafzahlungen verlangen, hieß es aus Brüssel.

Das Verfahren gegen Microsoft läuft bereits seit Sommer 2000. Damals bestand die Verdachtsgrundlage darin, dass der Konzern versucht hatte, mittels seiner marktbeherrschenden Stellung bei Desktop-PC-Betriebssystemen auch den wachsenden Markt der Server-Software zu dominieren. Ausgangspunkt war laut EU eine Beschwerde des US-Software-Konzerns Sun Microsystems von Ende 1998. Nach langen Beratungen wurde das Microsoft dann 2004 zu einem Rekordbußgeld von 497 Millionen Euro, der Öffnung von Windows Server und dem Ende der Bündlung seiner Media Player-Software mit Windows verurteilt. Microsoft klagte schließlich gegen das Urteil und verlor dann vor vier Wochen. Die Entscheidung, erneut in Berufung zu gehen, ließ der Konzern zunächst offen.

Microsoft hatte noch im Jahr 2000 einen Marktanteil von 95 Prozent bei den PC-Betriebssystemen, der inzwischen etwas zurückgegangen ist. Dennoch gilt der Konzern nicht nur der EU-Kommission auch heute noch als Quasi-Monopolist. Auch im so genannten "Work Group Server"-Segment liegt der Marktanteil bei über 70 Prozent. Open Source-Serverprodukte seien nahezu die einzige noch verbliebene Alternative, hieß es aus Brüssel. "Mehr Wettbewerb in diesem Markt sollte den Kunden innovativere Produkte verschaffen, mit verbesserter Funktionalität und zu besseren Preisen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Microsoft den Open-Source-Entwicklern Informationen zur Interoperabilität übergibt", so die EU-Kommission in einer Stellungnahme.

Die nun vorgelegten Informationen seien im Wesentlichen komplett. Lizenznehmer könnten sich mit Problemen aber weiterhin an die Behörde wenden. Sowohl die Kommission als auch die Lizenznehmer hätten dank der Wettbewerbsentscheidung Mittel und Wege, Microsoft dazu zu zwingen, die zur Erstellung kompatibler Software notwendigen Interoperabilitätsdaten auf dem neuesten Stand zu halten.

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