Berliner Integrationsbeirat neu gewählt: Beim Familientreffen der Migranten

Zum dritten Mal wählen die Vertreter der Einwanderer den Integrationsbeirat. Das Gremium hat die vielen Communities einander nähergebracht und zudem mit einigen Formen der Diskriminierung aufgeräumt.

Fast kommt man sich bei der Wahl des Integrationsbeirates des Senats vor wie bei einem Familientreffen. Nichts erinnert mehr an die Streitigkeiten, die vor vier Jahren die erstmalige Wahl dieses Gremiums begleiteten. Stattdessen gratulieren Vertreter türkischer Vereine den frisch gekürten Kollegen afrikanischer Herkunft mit Wangenküsschen, Türken und Kurden stimmen gegenseitig für den jeweils anderen, man ist durchweg per Du.

Damit ist immerhin ein Erfolg des Beirates sichtbar: Er hat die Berliner Migrantenvereine ordentlich in Schwung gebracht. Noch vor wenigen Jahren bestanden kaum Kontakte zwischen den Organisationen der verschiedenen Einwanderercommunities. Heute ist das anders. Man kennt sich, es gibt gemeinsame Ziele, und immerhin im Hinblick auf diese zieht man einem Strang.

2003 installierte der Senat den Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen. Neben den sechs VertreterInnen von Migrantenorganisationen sitzt in dem Gremium die Senatorin für Integration, Heidi Knake-Werner (Die Linke) sowie Staatssekretäre aller anderen Senatsverwaltungen. Drei Mitglieder stellen die Bezirke, dazu kommen Vertreter von Gewerkschaft, Wohlfahrtsverbänden, Handels- und Handwerkskammer sowie vom Flüchtlingsrat. Der Beirat soll die Partizipation von MigrantInnen bei politischen Entscheidungsprozessen ebenso wie bei Verwaltungsangelegenheiten ermöglichen.

Fleißig war er seitdem: Die vier Arbeitsgruppen, die das mehrmals im Jahr tagende Gremium gebildet hat, haben nicht nur das Integrationskonzept des Senats maßgeblich mitgestaltet. Sie haben überdies mit einigen Diskriminierungen seitens der Verwaltung aufgeräumt. So gehen viele Verbesserungen im Umgang der Ausländerbehörde mit ihren Klienten auf Anregungen des Beirates zurück. Nun will er erreichen, dass MigrantInnen in Gremien und Beiräten der Verwaltung vertreten sind. Über hundert solcher Foren gebe es, berichtete Ratsmitglied Tatjana Forner - nur in zwei davon säßen bisher Migranten.

Große politische Grundsatzreden hielten die elf KandidatInnen für die sechs Migrantinnenposten im Beirat am Mittwochabend nicht. Wer im Integrationsbeirat etwas bewegen will, das wurde deutlich, muss Lust auf das berühmte beharrliche Bohren dicker Bretter haben. Er freue sich, sagte Beiratsmitglied Yonas Endrias, dass der Senat mit dem Beschluss, ein Landesprogramm gegen Rassismus aufzulegen, anerkenne, dass Rassismus ein strukturelles Problem sei, und "nicht nur eins irgendwelcher kleiner Randgruppen." Mit dem Aktionsprogramm habe Berlin etwas bundesweit Einmaliges geplant, so Endrias: "Da sind wir ganz vorne."

Er gehört zu den fünf wiedergewählten Mitgliedern des Beirats, neben Tatjana Forner, Hamid Nowzari, Judy Gummich und Hakan Tas. Neu in dem Gremium ist Mehmet Alpbek. Die KandidatInnen werden von jeweils mindestens drei Migrantenvereinen vorgeschlagen. Wahlberechtigt sind alle Organisationen, die in der Liste der Senatsinnenverwaltung als "Ausländervereine" geführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens 50 Prozent der Vorstandsmitglieder nichtdeutscher Herkunft sind.

47 der insgesamt 112 wahlberechtigten Vereine nahmen in diesem Jahr ihr Stimmrecht wahr - zwölf weniger als bei der letzten Wahl. Mangelndes Interesse sieht Integrationsbeauftragter Günter Piening, dem die Geschäftsführung des Gremiums obliegt, darin nicht: Noch seien aber nicht alle Communities organisatorisch weit genug.

So fehlten bei der Wahl beispielsweise VertreterInnen vietnamesischer oder anderer asiatischer Vereine. Auch ein Kandidat arabischer Herkunft stand diesmal nicht zur Wahl: "Interne Kommunikationsprobleme" hätten die Aufstellung verhindert, sagte Walid Chahrour von der palästinensischen Gemeinde.

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