Kommentar Biodiscounter: Raus aus der Nische!

Zwar ist der Deal von Basic mit Lidl geplatzt. Das heißt aber nicht, dass die Biobranche nicht weiter expandieren müsste.

Wie schön, nun ist alles wieder öko: Der Discounter Lidl ist bei der Biosupermarktkette Basic ausgestiegen. Die Ökobranche bleibt unter sich. Freunde des Biogemüses sollen sich aber nicht zu früh freuen. Der Fall verdeutlicht zu sehr das Dilemma der Branche: Sie bleibt fein, aber klein.

Natürlich war es falsch, sich ausgerechnet Lidl als Partner auszusuchen. Der Name steht für belastetes Gemüse, Knebelverträge für Produzenten und miserable Bezahlung der Mitarbeiter. Das hat mit der Ökoidee, fair, sozial und hochwertig zu sein, nichts zu tun. Und natürlich ist der Rückzug ein beeindruckender Erfolg der Verbraucher. Sie haben dafür gesorgt, dass die Umsätze in etlichen Basic-Geschäften eingebrochen sind. Seit dem Tankstellenboykott, der die geplante Versenkung der Shell-Ölplattform Brent Spar verhindert hat, haben Kunden ihre Macht nicht mehr so bewusst wahrgenommen.

Aber es ist naiv zu glauben, Ökos dürften nur mit Eingeweihten paktieren und würden keine fremden Geldgeber brauchen. Wer das will, nimmt in Kauf, dass Bio weiter vor sich hin dümpelt, Ökoäcker allenfalls 5 Prozent der Landwirtschaft ausmachen und der Lebensmittelmarkt zu 97 Prozent eines bleibt: konventionell.

Es ist bedauerlich, dass Basic nun höchstens 10 Filialen im Jahr eröffnen kann - statt 50, wie es mit Lidl geplant war. Da Kapital fehlt, boomt Bio weiterhin nur in der Nische. Für mehr Werbung, für bessere Logistik, neue Ladenkonzepte fehlt frisches Geld. Banker haben zwar längst umweltfreundliche Solarfirmen und Windkraftmüller als Rendite-Objekt entdeckt. Den Bioläden geben bislang aber nur wenige einen Kredit.

Das wäre nur halb so schlimm, wenn die Regierung es vermochte, die konventionellen Landwirte zumindest zu "Ökos light" zu machen. Etwas weniger Chemie auf dem Acker, etwas mehr Platz für Sauen im Stall, etwas mehr Natur auf allen Höfen, das würde schon einiges bringen. Es muss nicht gleich Öko pur sein. Doch der CSU-Agrarminister Horst Seehofer legt sich nicht an mit der konventionellen Agrarlobby. Er verharrt in freundschaftlicher Ruhe. Und seine grüne Vorgängerin hat sich zu sehr nur auf "Öko ohne Kompromisse" konzentriert. Sie versäumte es, das Gros der Bauern zu verpflichten, etwa mit weniger Ackergiften zu hantieren - wenn sie schon nicht ohne auskommen wollen.

Wer die Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft möchte, muss vorerst Kompromisse machen. Im Klartext: Für mehr Masse darf es derzeit auch mal etwas weniger Klasse sein. Seriöse Geldgeber sind ab sofort gesucht. Mit Öko müssen sie noch nichts zu tun haben.

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War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.

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