Asean-Menschenrechtssatzung: Eine Charta als Papiertiger

Die südostasiatische Asean-Gemeinschaft unterzeichnet auf ihrem Gipfel eine Menschenrechtscharta. Zugleich wird der UN-Gesandte für Birma auf Druck der Junta ausgeladen.

Die wenigsten Länder sind Demokratien: Asean-Regierungschefs in Singapur Bild: dpa

BANGKOK taz Es ist ein eher trüber Geburtstag in Singapur: Die Charta, in der sich die zehn Mitgliedsländer der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean im 40. Jahr ihres Bestehens zu Demokratie und Menschenrechten verpflichten, ist so gehalten, dass kein Land eine Einmischung von außen fürchten muss. Deshalb hat auch Birmas Premierminister Thein Sein das Dokument unterzeichnet.

Für Kritiker ist die Charta eine Farce. Denn sie nennt keine Sanktionen oder andere Mechanismen, mit denen Mitgliedsländer bei Verstoß gemaßregelt werden können. Zwar ist eine Kommission für Menschenrechte vorgesehen, aber es existiert kein Zeitplan, wann und wo diese etabliert werden soll. Auch wird diese kein Mandat haben, Menschenrechtsverletzungen überhaupt zu ahnden.

Dass das vor allem von Birma stets eingeforderte Prinzip der "Nichteinmischung" den Gipfel dominiert, zeigt sich auch im Fall des UN-Sondergesandten Ibrahim Gambari: Auf Druck der birmesischen Junta hat die Asean ihn einfach wieder ausgeladen. Ursprünglich sollte Gambari in einer für heute angesetzten Rede über seine Vermittlungsbemühungen zwischen Birmas Militärregierung und der Opposition berichten. Doch Birma lehnte dies mit der Begründung ab, man verhandele direkt mit der UNO und dies sei eine innere Angelegenheit.

Gambari, der bereits auf dem Weg nach Singapur war, zeigte sich "enttäuscht". Tatsächlich bedeutet die Ausladung eine Brüskierung des UN-Gesandten, der seit der blutigen Niederschlagung der friedlichen Proteste durch Birmas Militär Ende September zweimal in das verarmte Land gereist war.

Wie ernst es den Asean-Mitgliedsstaaten damit ist, die Menschenrechtscharta einzuhalten, ist ohnehin zweifelhaft. Denn die wenigsten Länder sind Demokratien. In Vietnam und Laos herrschen Ein-Parteien-Systeme, andere Länder wie Singapur und Malaysia werden seit Jahrzehnten autokratisch regiert. Und in Thailand stürzte das Militär im September 2006 den umstrittenen, aber immerhin gewählten Premier Thaksin Shinawatra. Auch die Philippinen, denen vorgehalten wird, nichts gegen die gezielten Morde an zumeist linken Aktivisten zu tun, geben kein gutes Bild ab. Ausgerechnet Präsidentin Gloria Arroyo, die sich nach der Wahl im Mai 2004 Manipulationsvorwürfe gefallen lassen musste, kündigte gestern an, die Charta nicht ratifizieren zu lassen, sollte Birmas Junta sich einer Demokratisierung verweigern.

Die EU, die weitere Sanktionen gegen Birma beschlossen hat, will unterdessen erreichen, dass die Asean-Länder den Druck auf ihr Problem-Mitglied verschärfen. Ähnliches fordern auch die USA: "Der Ruf und die Glaubwürdigkeit von Asean stehen wegen der Situation in Birma auf dem Spiel", so die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab. Sie schloss ein Freihandelsabkommen der USA mit der südostasiatischen Staatengemeinschaft aus, solange Birmas Diktatoren innerhalb der Asean machen dürfen, was sie wollen.

Der wachsende Druck aus dem Westen birgt für Asean ein zusätzliches Dilemma: Die Staatengemeinschaft ist dabei, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum bis 2015 zu schaffen und ist dabei auf ihr Mitglied Birma angewiesen. Das Land verfügt über reichhaltige Energieressourcen und strategisch wichtige Zugänge zum Indischen Ozean. In den wirtschaftlichen Schwergewichten China und Indien hat Birmas Militärregime längst treue Verbündete. Aufgrund des Konkurrenzverhältnisses kann es sich Südostasien aber gar nicht leisten, Birma aus der Asean-Familie auszustoßen, wie es der US-Senat in einer Resolution am Freitag gefordert hatte.

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