Energiekonzerne wollen Ausstieg hinauszögern: Längere Gnadenfrist für Atomkraft

Weil die AKW Biblis A und Brunsbüttel stillstehen, geht vor der Bundestagswahl 2009 möglicherweise kein Meiler vom Netz. Ein Problem für Umweltminister Gabriel.

Verlängert sich die Laufzeit, nur weil ein Meiler zwischenzeitlich vom Netz genommen wird? Bild: ap

Atomkraftgegner freuen sich darüber, dass die beiden Atomkraftwerke Biblis A und Brunsbüttel seit Monaten abgeschaltet sind. Doch auch den Betreibern RWE und Vattenfall kommt der vorübergehende Stillstand nicht ungelegen. Denn durch ihn könnte es gelingen, die beiden Meiler über die nächste Bundestagswahl hinaus zu retten.

Ursache dafür ist das Konstrukt des Ausstiegsvertrages. Denn im Jahr 2000 wurden im Atomkonsens keine Stilllegungszeitpunkte für die einzelnen Meiler festgelegt, sondern Strommengen, die jede Anlage noch produzieren darf, ehe die Betriebserlaubnis erlischt. Für das Kraftwerk Biblis A wurde damals eine Reststrommenge definiert, die bei normalem Betrieb im Februar 2007 aufgebraucht gewesen wäre. Doch da der Reaktor wegen Sicherheitsmängeln seit über einem Jahr stillsteht, hat er aktuell noch ein Kontingent von gut 13 Milliarden Kilowattstunden zur Verfügung. Ginge Biblis A sofort wieder ans Netz, könnte das Kraftwerk bis Ende 2008 laufen. Jeder Monat weiterer Stillstand verlängert die Frist.

Brunsbüttel sollte nach den ursprünglichen Berechnungen im Atomkonsens im Februar 2009 vom Netz gehen. Doch auch dieser Termin wird sich durch den aktuellen Stillstand verzögern, aus heutiger Sicht mindestens bis Juli 2009. Damit kommt Brunsbüttel schon nahe an die Bundestagswahl heran. Ebenso kann der Meiler Biblis B, dessen Ende für Januar 2009 vorgesehen war, seine Stromkontingente nach heutiger Kalkulation bis mindestens August 2009 strecken.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Hoffnungen der großen Energiekonzerne auf verlängerte Laufzeiten ihrer alten Atomkraftwerke gedämpft. Selbst wenn die RWE-Meiler in Biblis wieder ans Netz gingen, hänge die letzte Entscheidung immer noch vom Ausgang der laufenden Verwaltungsverfahren ab, sagte Gabriel. Gleichwohl ist unstrittig, dass es für Umweltminister Sigmar Gabriel eine schwere Schlappe wäre, wenn in dieser Legislaturperiode kein einziger Meiler vom Netz ginge.

Weil Gabriel mit der sich nun abzeichnenden Konstellation rechnen musste, hat er angeregt, dass ältere Meiler früher abgeschaltet werden und dafür moderne Reaktoren länger laufen dürfen als geplant. Doch auf diesen Vorschlag hätten sich, heißt es im BMU, "die Unternehmen nicht eingelassen".

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