Konservative triumphieren: Südkorea wählt den "Bulldozer"

Der konservative Oppositionspolitiker Lee Myung-bak gewinnt die Präsidentschaftswahlen - trotz Betrugsvorwürfen.

Präsidentenwahl gewonnen: Seouls Ex-Bürgermeister Lee Myung-bak Bild: dpa

BERLIN taz Ein schöneres Geschenk hätte es für Lee Myung-bak an seinem 66. Geburtstag wohl kaum geben können. Am Mittwoch wählten die Südkoreaner den Exbürgermeister der Haupstadt Seoul und früheren Topmanager des Hyundai-Konzern den Prognosen verschiedener Fernsehsender zufolge sogar mit absoluter Mehrheit zu ihrem neuen Präsidenten. Sollte er nicht doch noch über einen Betrugsskandal stolpern, den ein am Montag vom Parlament eingesetzter Sonderermittler untersuchen soll, wird Lee am 25. Februar ins Blaue Haus, den Präsidentenpalast, einziehen.

Damit endet eine zehnjährige Herrschaft liberaler Präsidenten, die auf dem Höhepunkt der Asienkrise begonnen hatte. Amitsinhaber Rho Moo-hyun durfte nicht mehr antreten. Seine Unbeliebtheit hatte dazu geführt, dass der liberale Kandidat, der Exvereinigungsminister und frühere TV-Moderator Chung Dong-young, chancenlos blieb. Er kam auf 26 Prozent der Stimmen.

Dritter wurde mit 13 Prozent der reaktionäre Lee Hoi-chan, der als Unabhängiger angetreten war. Zuvor hatte er in der konservativen Großen National Partei die Nominierung gegen Lee Myung-bak verloren. Dass die beiden Lees zusammen fast zwei Drittel der Stimmen bekamen, zeigt, wie unbeliebt die Liberalen geworden sind. Trotz des Lee belastenden Skandals waren seine Wirtschaftskompetenz und Macherqualitäten den Wählern offenbar wichtiger als moralische Maßstäbe. Allerdings erreichte die Wahlbeteiligung einen historischen Tiefstand.

Der als Pragmatiker geltende Lee hatte mit dem "747"-Versprechen geworben: 7 Prozent jährliches Wirtschafswachstum in der nächsten Dekade (gegenüber gegenwärtig 4,4 Prozent), Verdoppelung des Pro-Kopf-Einkommens auf 40.000 US-Dollar und Südkorea zur siebtgrößten Wirtschaftsmacht der Welt zu machen (heute der 13.). Er befürwortet eine Wiederannäherung an die USA und einen härteren Kurs gegenüber Nordkorea.

Bereits als Hyundai-Manager hatte er Geschäfte mit der Sowjetunion gemacht. Mit 36 Jahren war er Chef der Bausparte des Konzerns geworden. Wegen seiner Art erwarb er sich den Spitznamen "Bulldozer". Später als Bürgermeister wurde er zum Verfechter natürlicher Lebensqualität. Den durchs Zentrum Seouls fließenden Bach Cheongyecheon, der als Kloake unter einer Straße mit darüber verlaufender Autobahn auf Stelzen versteckt worden war, ließ er freilegen und renaturieren.

Offen ist, wie durchsetzungsfähig Lee sein wird. Denn der Sonderermittler soll Lees Rolle im Betrugsskandal noch vor dessen Vereidigung aufklären. Sollte Lee daraus nicht mit weisser Weste hervorgehen, könnte statt des Bulldozers eine lahme Ente ins Blaue Haus einziehen.

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