"Ausländer raus"-Rufe: Bewährungsstrafe im Fall Mügeln

Fünf Monate nach der Hetzjagd in Mügeln ist ein Angeklagter zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Plötzlichen Erinnerungslücken von Zeuginnen glaubte der Richter nicht.

Polizeieinsatz wegen Hetzjagd in Mügeln im August 2007 Bild: dpa

BERLIN taz Fünf Monate nach dem rassistischen Aufruhr im sächsischen Mügeln hat das Amtsgericht Oschatz einen weiteren Angeklagten verurteilt. Das Gericht befand ihn am Montag nach Angaben einer Sprecherin der Volksverhetzung für schuldig und verhängte eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Zudem muss der 22 Jahre alte Elektroniker 1.000 Euro an die Opferhilfe Weißer Ring zahlen.

In der sächsischen Kleinstadt in der Nähe von Leipzig hatte sich in der Nacht zum 19. August eine wütende Menge vor einer Pizzeria versammelt, in die acht Inder geflüchtet waren. Die Leute brüllten ausländerfeindliche Parolen. Zwei Polizisten stellten sich vor den Eingang des Lokals und verhinderten Schlimmeres, später traf Verstärkung ein.

Richter Klaus Denk sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte "Deutschland den Deutschen" und "Ausländer raus" gerufen hat. Er entsprach mit dem Urteil der Forderung des Staatsanwaltes. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Vor einer Woche musste der Prozess unterbrochen werden: Zwei Zeuginnen, eine 24 und eine 26 Jahre alte Frau, die den Angeklagten bei der Polizei noch belastet hatten, konnten sich auf einmal an nichts mehr erinnern. Deshalb lud das Gericht am Montag gleich fünf Polizeibeamte, die von der Vernehmung der Zeuginnen bei der Polizei berichteten. Aufgrund ihrer Schilderung geht das Gericht davon aus, dass die Aussagen der Zeuginnen bei der Polizei zutreffen. Ihren Erinnerungslücken vor Gericht schenkte Denk keinen Glauben.

Die Gerichtssprecherin sagte, eine der beiden Zeuginnen habe unter Eid ausgesagt. Es sei Sache der Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob sie ein Verfahren wegen Meineids einleite.

Derselbe Richter hatte Anfang Dezember einen 23-Jährigen zu acht Monaten Gefängnis wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung verurteilt. Damals traten Einwohner der Stadt als Zeugen auf. Der Mann hatte nach Überzeugung des Richters an der Spitze des Mobs gestanden, als er eine Türscheibe der Pizzeria einschlug. In der Urteilsbegründung hieß es, die Situation habe sich im Vorfeld eines Pogroms befunden. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger Berufung eingelegt.

Ein Mann, der zu dem Mob von mindestens 50 Menschen zählte, erhielt eine Strafbefehl über 1.500 Euro, ein weiterer Mann musste rund 600 Euro für einen guten Zweck zahlen.

Vor den Ereignissen vor der Pizzeria war es in der Nacht während eines Stadtfestes zu einer Schlägerei gekommen. Bei einem Festzelt fand ein Kampf mit abgeschlagenen Flaschen statt, bei dem Inder und Deutsche verletzt wurden. Die Ermittlungen zu diesem Komplex dauern noch an.

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